Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Allgemeine Themen zum Bereich des öffentlichen Dienstes.

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tretol
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Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von tretol »

Hallo liebe Beamte,
ich sehe auf Jobportalen immer wieder Beamtenstellen in Hessen , RLP und BW, auf die ich mich bewerben möchte.
Die Stellen sind aber teils nur interessant für mich, wenn ich verbeamtet werden. Im Ausschreibungstext steht zumeist so etwas wie "Verbeamtung bei Erfüllung beamtenrechtlicher Voraussetzungen."
Ich leide leider an einigen chronischen Erkrankungen: Rheuma, Asthma und in der kürzeren Vergangenheit Depression. Die beiden ersten Erkrankungen sind aktuell und sie werden mich für immer begleiten. Allerdings habe ich sie seit Jahren/Jahrzehnten gut im Griff und ich bin sicher, dass ich bis zur Rente normal werde arbeiten können.

Da es sich aber um gleich drei Erkrankungen handelt, möchte ich nachfragen, wie streng man sein wird und ob ich mir evtl. wenig Hoffnung auf den Beamtenstatus machen sollte.

Vielen Dank für die Auskünfte
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Ruheständler
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von Ruheständler »

tretol hat geschrieben: 15. Dez 2021, 20:25 ...chronischen Erkrankungen: Rheuma, Asthma und in der kürzeren Vergangenheit Depression
bei diesen Erkrankungen könnte es meiner Einschätzung nach eher schwierig werden den Beamtenstatus zu erlangen, natürlich wird der zukünftige Dienstherr dieses von einem Amtsarzt untersuchen und bewerten lassen, dazu würden dann noch bei einer privaten Krankenversicherung diverse Beitrags-Zuschläge zu erwarten sein.
meine Eltern sagten damals immer wieder:Junge mach aus Deinem Leben was anständiges, Ergebnis : Feinmechaniker, Soldat,Arbeiter,Angestellter,Beamter,Pensionär,was soll ich noch vollbringen ? für kreative Vorschläge bin ich offen ... :mrgreen:
RED-SECTOR
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von RED-SECTOR »

Zum Thema PKV bei Verbeamtung mit Vorerkrankungen gaaaaaaanz (ich hoffe, Links sind erlaubt):

https://www.pkv.de/positionen/krankenve ... nd-beamte/
tretol
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von tretol »

okay, danke euch.
Ich hatte das befürchtet. :(
Kann ich Gewissheit bekommen, bevor ich einen neuen Job annehme?
RED-SECTOR
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von RED-SECTOR »

Ich würde es wohl drauf ankommen lassen und mich bewerben, wenn du das möchtest. Was hast du denn zu verlieren?
caleb
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von caleb »

Beamter werden mit Gesundheitsproblemen:
Ich möchte jetzt noch einen Tipp zu dem Thema geben. Ab einem GdB von 30 gibt es seit ein paar Jahren auch die Möglichkeit der Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten, das führt dazu, dass die Hürden Beamter zu werden viel niedriger sind. Ist auch in anderen Fällen von Vorteil. Um Näheres zu erfahren könnt ihr gerne mal in den Verwaltungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit nachlesen.

Krankenversicherung:
PKV eigentlich unmöglich andere Tarife als den Basistarif zu bekommen. Ich habe mit den Basistarifen und der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung keine Erfahrungen. Vielleicht können andere hier Tipps geben, ist bestimmt für den Einen oder Anderen interessant.

Ich hoffe ich habe noch nicht zu spät geschrieben.
tretol
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von tretol »

Hallo,
Danke für eure Antworten. Besonders die letzte ist interessant. Das hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Allzu große Hoffnungen mache ich mir dem Gefühl nach aber nicht, weil ich noch recht jung bin (Mid 30er) und mit den Erkrankungen zZt recht gut leben kann.
Ich werde trotzdem recherchieren und hoffe eine gute "Anleitung" zu finden, wie man so etwas angeht bzw. was die Voraussetzungen für einen gdb sind und wer darüber entscheidet. Daher nochmals danke caleb für den Hinweis, der noch nicht zu spät kam
caleb
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von caleb »

Der GdB hat nur bedingt mit dem Alter zu tun. In der Versorgungsmedizinverordnung ist geregelt, mit welchen Einschränkungen man welchen GdB bekommt. Erfahrungsgemäß braucht man um einen angemessenen GdB zu bekommen mindestens das Widerspruchsverfahren, manchmal muss man auch klagen. Subjektiv müsste bei dir schon was zu holen sein.
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Ruheständler
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von Ruheständler »

@ tretol, Du hast eine PN
meine Eltern sagten damals immer wieder:Junge mach aus Deinem Leben was anständiges, Ergebnis : Feinmechaniker, Soldat,Arbeiter,Angestellter,Beamter,Pensionär,was soll ich noch vollbringen ? für kreative Vorschläge bin ich offen ... :mrgreen:
AndyO
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von AndyO »

caleb hat geschrieben: 26. Dez 2021, 21:29 Der GdB hat nur bedingt mit dem Alter zu tun. In der Versorgungsmedizinverordnung ist geregelt, mit welchen Einschränkungen man welchen GdB bekommt. Erfahrungsgemäß braucht man um einen angemessenen GdB zu bekommen mindestens das Widerspruchsverfahren, manchmal muss man auch klagen. Subjektiv müsste bei dir schon was zu holen sein.
Knapp und gut beschrieben. Zur Ergänzung: Es wird für den GdB keine Summe der Einzelerkrankungen gebildet sondern eine Erkrankung muss die 50% bringen. 30% rückt das Versorgungsamt freiwillig raus. Damit kann man eine Gleichstellung beantragen die eigentlich nichts bringt. Wenn du die 50% bekommst sind die erst mal für 3 Jahre auf "Probe". Danach wird dein Gesundheitszustand erneut geprüft. Erst dann erhält man den Status dauerhaft.
caleb
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von caleb »

AndyO hat geschrieben: 27. Dez 2021, 09:27 Knapp und gut beschrieben. Zur Ergänzung: Es wird für den GdB keine Summe der Einzelerkrankungen gebildet sondern eine Erkrankung muss die 50% bringen. 30% rückt das Versorgungsamt freiwillig raus. Damit kann man eine Gleichstellung beantragen die eigentlich nichts bringt. Wenn du die 50% bekommst sind die erst mal für 3 Jahre auf "Probe". Danach wird dein Gesundheitszustand erneut geprüft. Erst dann erhält man den Status dauerhaft.
Da muss ich jetzt widersprechen mit der Gleichstellung hat man bereits erleichterten Zugang zur Verbeamtung.
One
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von One »

caleb hat geschrieben: 27. Dez 2021, 13:34
AndyO hat geschrieben: 27. Dez 2021, 09:27 Knapp und gut beschrieben. Zur Ergänzung: Es wird für den GdB keine Summe der Einzelerkrankungen gebildet sondern eine Erkrankung muss die 50% bringen. 30% rückt das Versorgungsamt freiwillig raus. Damit kann man eine Gleichstellung beantragen die eigentlich nichts bringt. Wenn du die 50% bekommst sind die erst mal für 3 Jahre auf "Probe". Danach wird dein Gesundheitszustand erneut geprüft. Erst dann erhält man den Status dauerhaft.
Da muss ich jetzt widersprechen mit der Gleichstellung hat man bereits erleichterten Zugang zur Verbeamtung.
Richtig. Bei diesen Einschränkungen, die der TE beschreibt, unbedingt Antrag auf Feststellung eines GdB beim Versorgunsamt stellen. Selbst wenn "nur" ein GdB herauskommt, der eine Gleichstellung (muss im Anschluss nach Feststellung gesondert bei der ARGE beantragt werden!) rechtfertigt, erleichtern sich die Möglichkeiten verbeamtet zu werden erheblich:

Ohne GdB muss der Amtsarzt vor der Verbeamtung anhand seiner Untersuchungsergebnisse eine Prognosentscheidung treffen, ob der Kandidat mit ausreichender Wahrscheinlichkeit das Penionsalter erreicht oder umgekehrt, nicht mit einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit aufgrund möglicher vorher bestehenden gesundheitlicher Beeinträchtigung rechnen muss.

Mit GdB muss der Amtsarzt diese Prognoseentscheidung nur für die nächsten 5 Jahre (!) treffen (Grenze für einen Anspruch auf Mindestversorgung).

Die Entscheidung mit GdB ist für den Amtsarzt natürlich eine wesentlich einfachere als ohne GdB, so dass dieses "Stöckchen" in der Regel für den Amtsarzt kein Problem darstellt und meist selbst bei erheblichen körperlichen Leiden und Beeinträchtigungen ohne weiteres "übersprungen" werden kann. Die Eintscheidung ohne GdB ist für den Amtsarzt bei bestehenden erheblichen körperlichen Leiden und/oder Beeinträchtigungen schlicht seriös nicht möglich, weswegen diese dann im Regelfall auch immer negativ ausfallen wird.

Fazit: Vor Verbeamtung unbedingt GdB beantragen!

Woher ich das weiß? Ich habe diesen Husarenritt genauso hinter mir mit einem GdB von 45.

Was die Krankenversicherung angeht, einfach mal nach "Öffnungsklausel" der PKV für neue Beamte googlen. Dann dürfte eigentlich alles gesagt sein.
tretol
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von tretol »

Hallo,
danke für die vielen Antworten.
Wie schwer ist es denn eine Gleichstellung zu erlangen und muss man hierfür evtl. auch klagen? Mein Ex-Arbeitgeber könnte bestätigen, dass ich auf Grund der Erkrankungen lange und häufige Fehlzeiten hatte und letztendlich musste ich deshalb auch kündigen. Mein Hausarzt hatte mir die Kündigung aus gesundheitlichen Gründen in einem Schreiben an die Arge (für ALG I) auch bestätigt. Das Attest wurde von der Arge ohne Weiteres akzeptiert. Könnte dies Tatsache die Gleichstellung vereinfachen, denn für die Antragsbearbeitung wäre ja auch die Bundesagentur für Arbeit zuständig?
Zurzeit geht es mir wieder viel besser, weshalb ich mich trotzdem frage, ob dies meine Chancen auf eine Gleichstellung verringert.

Die GdB 30% könnte ich nach meinem Gefühl und durchsehen der entsprechenden Tabellen tatsächlich bekommen. Falls ich darüber hinaus mit einer Gleichstellung und somit (irgendwann) mit der Verbeamtung rechnen kann, wäre der Job, auf den ich mich beworben habe, sehr attraktiv. Fachlich ist er extrem spannend und ich würde ihn nur zu gerne ausüben.

@One (und alle anderen): Wie lange dauert es ungefähr, bis man einen GdB zugesprochen bekommt und die Gleichstellung durch ist?

Nochmals vielen Dank für die rege Beteiligung an dieser Diskussion. Dieser Faden hilft mir sehr.
Pipapo
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von Pipapo »

Du hast aus gesundheitlichen Gründen den Job gekündigt, hattest dort lange und häufige Fehlzeiten, behauptest aber, du hättest die Krankheiten seit Jahren/Jahrzehnten gut im Griff?
Vergiss das Thema Beamter werden.
One
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Re: Verbeamtung bei chronischen Erkrankungen möglich?

Beitrag von One »

tretol hat geschrieben: 28. Dez 2021, 13:08
@One (und alle anderen): Wie lange dauert es ungefähr, bis man einen GdB zugesprochen bekommt und die Gleichstellung durch ist?
Das hängt stark von der Bearbeitungsdauer des in deinem Wohnort zuständigen Versorgungsamtes ab, kann also stark unterschiedlich sein.

Für das Versorgungsamt in Berlin kann ich sagen, dass die Bearbeitungsdauer ab Antragstellung bis Feststellungsbescheid über den GdB rund 3 bis 4 Monate dauerte. Das war aber in den 2000ern.

Antrag auf Gleichstellung bei der ARGE hat bis zur Mitteilung der erfolgten Gleichstellung keine Woche gedauert. Das ist aber hier ausnahmsweise unerheblich, da man mit Datum der Antragstellung bei der ARGE als mit einem Schwerbehinderten gleichgestellt gilt.

Die Begründung des Antrags auf Gleichstellung hat aber ein paar Fallstricke, da nur gleichgestellt werden darf, wer entweder aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigungen von der Kündigung seines aktuellen Jobs (z.B. aufgrund Fehlzeiten/Ausfallzeiten) bedroht ist (dann greifen die Kündigungsschutzregelungen für Schwerbehinderte) oder wer Gefahr läuft, aufgrund seiner Beeinträchtigung bei einer Personalauswahl nicht berücksichtigt zu werden (dann greifen ebenfalls entsprechende Schutzregelungen, die insbesondere im öffentlichen Dienst recht umfangreich sind, z.B. bei der Einstellungsuntersuchung s.o.).

D.h. du musst deinen Antrag in eine der beiden Richtungen plausibel begründen, dass du aufgrund deiner körperlichen Beeinträchtigungen im Job oder bei der Bewerbung auf einen Job benachteiligt bist. Begründest du dies nicht plausibel, wird dein Antrag zurückgewiesen. Wichtig auch, die Gleichstellung gilt dann immer nur für das jeweilige Beschäftigungsverhältnis und muss bei jedem neuen Job neu beantragt werden.

Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 3 SGB IX.

Was deine Fehlzeiten angeht, kann ich @Pipapo nur zustimmen.

Die kannst diese von die angeführten Ausfallzeiten aufgrund deiner Beeinträchtigungen nur über einen GdB kompensieren und selbst dann wird in einem Bewerbungsverfahren die Personalstelle ganz genau hinschauen. Übermäßige Ausfallzeiten im Beamtenverhältnis auf Probe oder Widerruf, also während der Erlangung der Laufbahnbefähigung, können vom Dienstherrn ohne weiteres als eine gesundheitliche Nichteignung interpretiert werden, was letztlich eine Entlassung als Beamter nach sich ziehen würde. Da würden der GdB und die Gleichstellung auch nur noch sehr begrenzt vor schützen. Hierzu gibt es umfangliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, die man recherchieren kann. Da heißt es also zumindest im Vorbereitungsdienst und im Probebeamtenverhältniss "die Arschbacken zuammenkneifen" und Einsatz zeigen und möglichst wenige Fehlzeiten generieren.
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