Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Allgemeine Themen zum Bereich des öffentlichen Dienstes.

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FinanzbeamterFF
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Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von FinanzbeamterFF »

Hallo zusammen,

ich arbeite im Finanzamt und habe schon einiges erlebt. Es gibt Personen die gar keine Lust haben zu arbeiten oder einfach fachlich überhaupt gar nichts können obwohl sie seit Jahren dort arbeiten und einfach nur überfordert sind. In der freien Wirtschaft wären die doch schon längst gekündigt worden. Warum ist es so schwer im öffentlichen Dienst jemanden zu entlassen? Sei es Beamter, Angestellter oder Regierungsbeschäftigter?
Ist es bei allen gleich schwer eine Entlassung beizuführen? Oder bei Beamten am schwierigsten?
Ich meine da sitzt eine Person die seit Jahren nichts kann, sich permanent krank meldet, kein Bock hat zu arbeiten und somit ist das dann doch alles Mehrarbeit weil die Fälle von irgendjemand anderen dann erledigt werden müssen oder man einen versumpften Bezirk vorfindet.
Warum bekommen diese Personen dann immer noch ähnliches Gehaltsniveau wie Leute die sehr fleißig sind und was können. Können die also ihr Leben lang machen was sie wollen?
HagenKrause
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Re: Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von HagenKrause »

Also grds. genießt der Beamte den höchsten Status an Sicherheit, den es für einen Beschäftigten in Deutschland überhaupt geben kann. Dies ist auch einmalig auf dieser Welt. Sogar Österreich hat in § 22 BDG eine Klausel eingefügt, wonach der Beamte nach drei aufeinanderfolgenden Jahren der Schlechtleistung entlassen werden kann. Hört sich zwar erst mal vernünftig an, allerdings definiert natürlich grds. der Dienstherr, was "Schlechtleistung" ist. Problem erkannt?

Sicherer ist man nur noch als Eigentümer einer eigenen Firma und die kann Pleite gehen. Ein Angestellter im öffentlichen Dienst genießt zwar im Gegensatz zur freien Wirtschaft auch eine gute Sicherheit und kann nach 15 Dienstjahren mit Vollendung des 40. Lebensjahres nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 34 Abs. 2 TVöD), allerdings ist das auch nicht vergleichbar mit einem Beamten. Der Angestellte kann nach einer Abmahung+Kündigung rausgeschmissen werden, der Beamte kann so viele Verweise sammenln, wie er möchte. Der Beamte kann außerdem noch so viele Fehler machen, wie er möchte, beim Angestellten kann auch dies zu Abmahnungen führen.

Der Angestellte muss gegen eine erteilte Kündigung vorgehen und befindet sich im Zugzwang. Beim Beamten muss der Dienstherr selbst klagen und erst Beweise sammeln, die so schwerwiegend sind, dass sie das Gericht überzeugen, ihn die Beamtenrechte abzuerkennen. Und hierzu zählen schon mal nicht Unfähigkeit, Krankheit oder verminderte Leistung. Der Dienstherr hat für gewöhnlich 2-3 Jahre Zeit (je nach Dienstherr), den Beamten zu erproben, ob er es Wert ist, ihm den Status auf Lebenszeit zu verpassen. Mit Aushändigung dieser Urkunde, ist der Beamte das Problem des Staates geworden.

Noch dazu fällt das auch immer negativ auf den Dienstherren selbst zurück. Man sagt nie "HerrX", sondern "was arbeiten denn dort für Deppen" und es verunsichert auch die "normalen" Beamten, wenn man anfängt, die Leute zu drangsalieren.

Es mag sein, dass dieses System von einigen ausgenutzt wird, allerdings muss man auch sehen, dass man als Staat etwas bieten muss, was einen von der freien Wirtschaft abgrenzt. Wenn ich schon nicht ein Vermögen scheffeln und in 10 Jahren CEO mit einem Jahresgehalt werden kann, wofür ein Beamter sein ganzes Leben braucht, dann möchte ich zumindest Sicherheit! Was soll man denn z. B. den Schülern einer Klasse erzählen, wenn sich das Finanzamt und eine Firma vorstellen und die Firma sagt, wir zahlen doppelt soviel, bei uns werdet ihr schneller befördert, ihr bekommt nen eigenen Wagen, Betriebsausflug ist auf den Malediven und dann kommt das Finanzamt "... Jo, also bei uns kann es aber auch ganz schön sein ... vor allen Dingen erlässt man bei uns den ganzen Tag lang nur Steuerbescheide ... und wenn man am Tag aber nur 3 statt 5 erlässt, wird man rausgeschmissen"

Ein Kumpel von mir hat letzthin über ne A13-Stelle gelacht und gemeint, für dieses Geld fängt er nicht das Arbeiten an.

Der Beamte trägt grds. für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung und kann aufgrund seines sicheren Status, auch zum Chef sagen, "Nö, mach ich jetzt net ..." ohne befürchten zu müssen, deswegen rausgeschmissen zu werden. Das hat man eingeführt, weil die Leute vor 80 Jahren immer gesagt haben "als ich die drei Sowjets im Hof letztes Jahr erschossen habe, habe ich nur Befehle ausgeführt"

Es ist alles gut, so wie es ist. Besser man zieht ein paar Schnarcher mit durch, als daran irgendwas zu rütteln ...
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Aufsteiger85
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Re: Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von Aufsteiger85 »

Gut erklärt, HagenKrause.

Dazu kommt aber noch, dass es auch in der "freien Wirtschaft" gar nicht so einfach ist, jemanden zu entlassen. Wenn das nämlich wirklich vor Gericht geht, hat man besser triftige Gründe in der Hinterhand. Am besten eine oder mehrere Abmahnungen.

Sozial ungerechtfertigte Kündigungen scheiden hier schonmal von vornherein aus. Im besonderen betrifft das natürlich vor allem Beschäftigte in Mutterschutz, Elternzeit, etc. Aber auch bei anderen ist das ggf. gerichtlich überprüfbar ob nicht eine ungerechtfertigte Benachteiligung vorliegt.

Bei Schwerbehinderten sind die Hürden ebenfalls groß.

Betriebsbedingt kündigen geht nur, wenn die Firma nachweislich in einer schieflage ist, aus der sie auf absehbare Zeit nicht mehr herauskommt.

Schlechtleistung ist im Zweifel sowohl bei Beamten (die werden dafür zwar nicht entlassen, können aber sehr wohl sanktioniert werden) als auch bei Angestellten extrem schwer nachweisbar. Da habe ich im ÖDienst für beide Berufsgruppen schon einiges mitbekommen. In 100% der Fälle ist es beim Versuch des Nachweises geblieben, falls er überhaupt angestrengt wurde. Das ist in der freien Wirtschaft sicher nicht anders. Zumal man, wenn man etwas belastbares finden WILL, sich häufig schon im Bereich der Mitarbeiterüberwachung befindet...
stuntmanmike
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Re: Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von stuntmanmike »

naja gut in der realität ist es meiner erfahrung dennoch so dass man macht was der vorgesetzte will. ist man nicht auch weisungsgebunden? wenn man anderer meinung ist kann man beim naechst dienshöheren protestieren. wenn der aber derselben auffassung ist wie der andere vorgesrtztr muss mans machen soweit ich weiss
HagenKrause
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Re: Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von HagenKrause »

Grds. ist man weisungsgebunden, aber nicht in diesem Bereich. Es reicht aus, dass du Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung hast. Die Hemmschwelle ist hier sehr niedrig. Ob das dann tatsächlich so ist, spielt keine Rolle. Wenn es der Vorgesetzte vom Vorgesetzten bestätigt, dann muss du es so ausführen, richtig, ausser es ist eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat ... Aber du hast etwas in der Hand, wenn du es möchtest!

Und im Ergebnis bringt es schon was. Und wenn es mehr Respekt ist. Ich war z. B. mal in einem Amt, da hat man die Ausübung höherwertiger Tätigkeiten (in der Kommune ist das ja für gewöhnlich immer mit einer höheren Stelle verbunden) zwischen Tür und Angel ausgemacht. Und wenn es dann zu Gesprächen wie Prämien, Beurteilungen etc. kam, konnte man sich häufig nicht mehr so recht daran erinnern.

Was denkst du, habe ich meine mündliche Weisung schriftlich bekommen?
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Aufsteiger85
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Re: Warum ist es so schwer Personen im öffentlichen Dienst zu entlassen?

Beitrag von Aufsteiger85 »

stuntmanmike hat geschrieben: 20.10.2024 00:18 naja gut in der realität ist es meiner erfahrung dennoch so dass man macht was der vorgesetzte will. ist man nicht auch weisungsgebunden? wenn man anderer meinung ist kann man beim naechst dienshöheren protestieren. wenn der aber derselben auffassung ist wie der andere vorgesrtztr muss mans machen soweit ich weiss
Das ist aber die so genannte Remonstrationspflicht. Beim Bund in §63 BBG geregelt, wo es heißt:
(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.

(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich bei der oder dem unmittelbaren Vorgesetzten geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn ihre Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit fortbestehen, an die nächsthöhere Vorgesetzte oder den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit.[...]
Im Ergebnis ist man dann eben auch nicht mehr verantwortlich, wenn sich am Ende ergibt, dass die Handlung rechtswidrig war. Ein eventuell eingeleitetes Disziplinarverfahren gegen den Beamten würde ihn dann ent- statt belasten.