Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

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Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Hallo Seller us M., vielen Dank für Ihre Ausführungen!
Sie schreiben:
Der GKV-Spitzenverband hat seine Rechtsauffassung zum Thema „Unfallausgleich/Unfallruhegehalt“ in einem Rundschreiben vom 1.11.2010 dargelegt: „Hinsichtlich des Unfallausgleichs besteht nach Meinung des GKV-Spitzenverbandes kein sachlicher Grund für die Beitragsfreiheit im Rahmen einer freiwilligen Versicherung. Das Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG wird nur soweit der Beitragspflicht im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft unterzogen, als es bei der Feststellung des Zahlbetrags der Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB 5 zu berücksichtigen ist.“
Haben Sie einen Link zu diesem Rundschreiben? Ich kann es im www nicht finden.

Ich habe Grundsätzliche Hinweise des GKV Spitzenverbands von 2018 gefunden, in denen steht, dass § 229 auch für freiwillige Mitglieder gilt.
Das scheint mir nicht zusammenzupassen mit Ihrer Auskunft, bei Versorgungsbezügen handle es sich grundsätzlich um beitragspflichtige Einnahmen.

Sie finden es nicht abwegig, dass der Unfallausgleich zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann. Das wäre m.A.n. nur plausibel, wenn ich keine Mehraufwendungen durch die unfallbedingten Folgen hätte. Ich gebe dafür mehr aus als den Zahlbetrag des UA. (Da der UA als Pauschalbetrag gezahlt wird, kann ich mir keine Kosten erstatten lassen.)

Es gibt ja eine Zwecksetzung des Unfallausgleichs. In meinem Fall ermöglicht er mir zum Beispiel die Teilhabe wie ein Nachteilsausgleich oder Hilfe in besonderen Lebenslagen - vergleichbar mit Blindengeld, was nicht beitragspflichtig ist. Sozialrechtlich wird diese Zwecksetzung nicht anerkannt. In Gerichtsurteilen lese ich, der UA sei vergleichbar mit der Rente nach § 32 BVG und mit der gesetzlichen Unfallrente. Das stimmt aber nicht, denn der UA stellt keinen Lohnersatz/Gehaltsersatz dar.

Ich verstehe es deswegen immer noch nicht und danke vielmals für weitere Erklärungen.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Seller us M. hat geschrieben: 6. Mär 2023, 22:47Aber die Überlegung, dass mit der Außerachtlassung von 20 Prozent der gesamten Unfallversorgung der Teil freigestellt ist, den aktive Beamte in Form des Unfallausgleichs bekommen, halte ich für nachvollziehbar.
Das genannte Rundschreiben vom 1.11.2010 konnte ich nicht auftreiben, vielleicht kann jemand helfen?
Zwei „Grundsätzliche Hinweise“ des Spitzenverbands habe ich gefunden, sie sagen aus, dass die Definitionen des § 229 SGB 5 auch für freiwillige Mitglieder der GKV gelten.
Dieser § benennt Versorgungsbezüge.

In Urteilen des SG, LSG und BSG werden die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge (BeamtVG § 2 Arten der Versorgung) der Unfallfürsorge unklar bezeichnet. Oben im Zitat heißt es „gesamte“ Unfallversorgung. Bei dieser Formulierung kann man noch herauslesen, dass die Unfallversorgung mehrere Bestandteile hat. Z.B. das LSG schreibt aber „Unfallversorgung“ und meint damit nur das Unfallruhegehalt. Es wird so getan als sei der Unfallausgleich keine Unfallversorgung.
Liege ich falsch oder richtig, dass auch der Unfallausgleich eine Unfallversorgung ist?

@Seller us. M., Sie schreiben die Nichtverbeitragung von 20 % der „gesamten“ Unfallversorgung sei nachvollziehbar. Den Gedanken habe ich noch nicht verstanden.
1. es bleiben nicht 20 % von Unfallruhegehalt und 20 % vom Unfallausgleich beitragsfrei, sondern lediglich 20 % vom Unfallruhegehalt. Der Unfallausgleich gehört meinem Verständnis nach auch zur Unfallversorgung (§ 2 BeamtVG).
2. was hat das mit aktivem Dienst zu tun? Den Unfallausgleich erhält man unabhängig von aktivem oder Ruhestandsstatus, er ist unabhängig von amtsabhängiger Alimentation und unabhängig vom Erhalt anderer Bezüge.

Ich weiß nicht, ob Seller us M. noch antwortet, deswegen frage ich auch alle anderen.

Dann noch ein anderer Gedanke, der auf die Regelung zur Zahlung des Unfallausgleichs abzielt:
UA wird „nach BVG § 31“ geleistet. Wenn im BeamtVG geregelt ist, dass der Dienstunfall einem Dienstunfall im Ausland, Einsatzgebiet etc. gleichgestellt ist, bedeutet das dann, dass der UA der Grundrente BVG § 31 gleichgestellt ist?

Einige sozialrechtliche Urteile (und Gesetzeskommentare) setzen den UA gleich mit § 32 BVG, mit gesetzlicher Unfallrente, mit Privatunfallrente. (Mindestens) § 32 BVG und gesetzliche Unfallrente (Verletztenrente) sollen aber, im Unterschied zum UA, als Ersatz für ein Erwerbseinkommen dienen. Der UA ist nicht abhängig vom Gehalt. Ich verstehe die Gleichsetzung nicht und suche nach Erklärungen.

Ich stehe unter Zeitdruck und die gesundheitlichen Auswirkungen des Dienstunfalls schlagen stark zu, deswegen bitte ich um Nachsicht, dass ich hier nachfrage und bitte um Einschätzungen derer, die sich mit der Zahlung von Versorgungsbezügen auskennen und mir vielleicht einen Teil meiner Fragen beantworten mögen. Vielen Dank dafür.
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tiefenseer
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von tiefenseer »

@Dienstunfall
schau mal hier...vielleicht hilft das weiter...

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Ärgere Dich nicht über Deine Fehler und Schwächen, ohne sie bist Du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

@tiefenseer Vielen Dank für die Fundstelle (Gesetzeskommentar), die § 229 SGB 5 auf Beamtenversorgung anwendet und somit meine Auffassung stützt, aber vielen anderen widerspricht, die schreiben, § 229 SGB 5 habe keine Gültigkeit für freiwillige Mitglieder. Ein Urteil des BSG von 2001, in dem der Rechtsstreit verhandelt wurde, ob eine Privatunfallrente bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sei (ja), setzt in einem kurzen Absatz am Ende sogar die Privatunfallrente mit der gesetzlichen Unfallrente gleich. Seitdem wird dieses Urteil immer wieder zitiert, der Unfallausgleich verbeitragt und die gesetzliche Unfallrente voll verbeitragt. Weder ist haltbar, den Unfallausgleich gleichzusetzen mit der gesetzlichen Unfallrente (was zum Beispiel mehr als ein LSG Urteil macht), noch ist die gesetzliche Unfallrente mit der Privatunfallrente gleichzusetzen, bei der nicht einmal die 20 % beitragsfrei bleiben wie § 229 Absatz1 1 c aussagt.

(Es führt zu weit und ab von meinem Thema, aber die max. gesetzliche Unfallrente ist bei max. 66,67 % des JAV, weil die Belastung der Sozialversicherungen schon in Abzug gebracht wurde; Beiträge für freiwillige KV und PV werden trotzdem abgezogen.)

Das sind Beiträge aus Einnahmen, die letztlich für die KK geschenkt sind, denn in der Leistungspflicht sind die KK für den Gesundheitsschaden aus Arbeits- oder Dienstunfall (anders als ggf. für Privatunfälle) nicht, das Gesetz verbietet ihnen, Kosten dafür zu tragen.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Nachtrag: Der Inhalt des Links im Beitrag vom 14.3. bezieht sich auf GKV-Versicherungspflichtige, das habe ich gestern übersehen.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Hallo. Für mich wäre sehr hilfreich, wenn ein Mensch mitliest und mir ggf. per PN antwortet, der solche Leistungen wie den Unfallausgleich auszahlt (Bezügestelle, LfF, … länderspezifisch verschieden, bei GKV „Zahlstellen“).

Und sonst frage ich alle: Seitens der Gerichte fällt allein das Unfallruhegehalt unter „Unfallversorgung“, so als gehöre der Unfallausgleich nicht dazu. Die Rechtsprechung drückt sich davor, den Unfallausgleich als „Versorgungsbezug“, „Versorgungsbezüge“ zu bezeichnen. Liege ich falsch mit:
- der Unfallausgleich ist ein Versorgungsbezug? (§ 2 BeamtVG bzw. Ländergesetz § „Arten der Versorgung“)
- der Unfallausgleich ist nicht Erwerbs(ersatz)einkommen? (§ 55 BeamtVG bzw Landesgesetz § „Versorgungsbezüge und Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen“)
- wenn UA beamtenrechtlich kein Ersatzeinkommen ist, ist er dann auch sozialversicherungspflichtig kein Ersatzeinkommen???


Es pressiert und daher vielfach danke für freundliche Hinweise!
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Falls diesen Thread jemand aufstöbert wegen ähnlicher Fragen zum Unfallausgleich:
Unfallausgleich ist nicht nur laut BeamtVG (und entsprechenden Ländergesetzen) kein Erwerbs(ersatz)einkommen, sondern hat anerkannt auf allen Ebenen keine Erwerbsersatzfunktion.

Wer Unfallausgleich erhält oder wer sich anschaut, was für eine Art Versorgungsbezug der UA ist, dem ist auch sofort klar, dass er kein Erwerbsersatzeinkommen sein kann und warum.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Hallo Ich hole dies wieder hervor. Ich weiß, dass keine Rechtsberatung erfolgt!
Aber vielleicht ist von euch / Ihnen jemand interessiert und hat an der Thematik Spaß oder ist beruflich damit befasst.
Im Moment ist es eher eine Übersetzungsfrage und das ist vielleicht Verwaltungsrecht oder Dienstrecht? Es geht darum, wer bestimmte Versorgungsbezüge erhält:

Für wen gilt im SGB 5 der § 229 Absatz 1, Satz 1, Buchstabe b (der Teil vor dem „und“) ?

§ 229
1) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden,
1.
Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben
a)
lediglich übergangsweise gewährte Bezüge,
b)
unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung,

Es geht um unfallbedingte Leistungen, die Bezieher von Beschädigtenversorgung mal ausgeklammert.

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__229.html

Was ist gemeint mit: „Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis“?

Welche unfallbedingten Leistungen existieren, die dieses erfüllen: „Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen“

Ich kenne den Unfallausgleich, dafür Status = Beamter = öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (??)

Mir ist nicht klar, welcher andere Status infrage kommt, bei dem man nicht Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG oder entsprechendes Ländergesetz), sondern einen anderen Versorgungsbezug (unfallbedingte Leistung) erhält.

Meine Frage zielt letztlich darauf, welcher Status dadurch bei der GKV erfolgt*, aber wer das eine weiß, hilft mir bei der Recherche sehr! Danke!

*Welchen Status in der GKV hat ein Versorgungs-Bezügeempfänger aus einem „öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen“ - Beschädigtenversorgung ausgenommen?
Ist man mit dem Status in der GKV pflichtversichert?
Beamte in GKV sind grds. freiwillig versichert.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Für später Suchende: Vom GKV-Spitzenverband kann man sich die aktuellen Rundschreiben und Grundsätzlichen Hinweise zu der Thematik, die man prüfen möchte, zusenden lassen. Für meine Thematik sind das 125 Seiten „Grundsätzliche Hinweise“ vom 29.6.2022. Auf Seite 3 steht klar und deutlich, dass die Definitionen des § 229 SGB V auch für freiwillige Mitglieder anzuwenden sind, diese sind in Teil A beschrieben, wo „Unfallfürsorge nach §§ 30ff BeamtVG und entsprechende Ländergesetze“ genannt sind im Zusammenhang mit § 229 (1) Nr. 1 b SGB V, das Unfallruhegehalt wird namentlich im Zusammenhang mit § 229 (1) Nr. 1 c genannt.
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Hallo an alle

Ich greife noch einmal dieses auf:

Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen

Sind die Empfänger dieser Versorgungsbezüge regelmäßig (immer) versicherungsfrei i.S.d. https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__6.html § 6 SGB V?

Diesen Text https://www.haufe.de/oeffentlicher-dien ... 58025.html verstehe ich so, dass die Empfänger der oben definierten Versorgungsbezüge immer versicherungsfrei sind. Vielleicht übersehe ich eine Konstellation, in der es doch Versicherungspflichtige gibt, die die oben definierten Versorgungsbezüge erhalten?

Vielen Dank für eure Antworten!
Dienstunfall_L
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Re: Fragen an Experten: Versorgungsbezüge & sozialrechtliche Einordnung

Beitrag von Dienstunfall_L »

Hallo

Im „Katalog von Einnahmen“ Selbstzahler des GKV Spitzenverbands steht unter „V“, dass „Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 SGB V nach BeamtVG und SVG beitragspflichtig“ sind.

Angesichts dessen ist die Aussage nicht haltbar, dass § 229 SGB V nur für Pflichtversicherte gilt.
§ 229 SGB V ist auf Empfänger von Versorgungsbezügen nach BeamtVG und SVG auch anzuwenden.

Nach § 229 SGB V bleiben als beitragspflichtige Versorgungsbezüge „unfallbedingte Einnahmen“ „außer Betracht“.
Der Unfallausgleich ist Versorgungsbezug und eine unfallbedingte Einnahme.
Er muss daher beitragsfrei bleiben.

Dass der Unfallausgleich in den „Katalog von Einnahmen“ aufgenommen wurde vor ein paar Jahren, steht im Widerspruch zur Nennung „Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 SGB V nach BeamtVG und SVG“ in selbem „Katalog“.
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