Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Allgemeine Themen zum Bereich des öffentlichen Dienstes.

Moderator: Moderatoren

Mr. Pingel
Beiträge: 69
Registriert: 25. Jun 2013, 15:33
Behörde:

Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Mr. Pingel »

Hallo an alle,

ich habe große Probleme mit meiner derzeitigen beruflichen Situation und hoffe vielleicht auf ein paar aufmunternde Worte, Vielleicht will ich mir einfach auch mal alles von der Seele schreiben.
Ich bin 35 Jahre alt und bin Beamter im mD, A7, in Hamburg (FHH).
Ich komme ursprünglich aus Berlin und hatte als Jugendlicher und junger Erwachsener eine wilde Zeit. Ich hatte keinen Schulabschluss mit 16, bekam aber eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner durch Beziehungen. Das habe ich auch fast durchgezogen, aber leider auch keinen Abschluss erlangt aus Blödheit.
Es folgten viele verschiedene Jobs, ab und zu mal Arbeitslosigkeiten, Kiffen, Saufen usw. Ich wurde auch mal verurteilt für Körperverletzung usw. Aus der Zeit hatte ich auch viele Schulden, so 18000 €. So 2001 machte ich mein Hobby Mountainbike zum Beruf und hatte endlich Arbeit, die mir Spaß machte und wo ich nicht nach zwei Wochen einfach nicht mehr erschienen bin. Dann, 2002 lernte ich meine heutige Frau kennen, auch eine Berlinerin, war aber damals schon im Vorbereitungsdienst in HH. Ich zog 2003 zu ihr und suchte mir wieder einen festen Job im Fahrradladen. Das Kiffen war Geschichte, meine Schulden zahlte ich ab in drei Jahren.
Beim zweiten Fahrradladen 2005 und nachdem ich ständig im Winter arbeitslos war (Saisonbetrieb :( ), beschloss ich, dass ich noch einmal eine Ausbildung machen wollte, um einen sicheren, festen Job zu bekommen. Mir schwebte Fluggerätemechaniker vor bei Airbus oder sowas in der Richtung vor, weil ich eben handwerklich ganz gut begabt bin. Aber keine Ausbildung ohne Schulabschluss! Also machte ich von Januar 2005 bis Juli 2007 erst meinen Haupt- und dann noch den Realschulabschluss an der Abendschule neben dem Beruf im Fahrradladen. Das hieß vor allem im Sommer um 7 Uhr anfangen in der Werkstatt bis 16 Uhr, dann nach Hause, duschen und um 17.30 -21.30 in der Abendschule. Samstag auch im Laden. Meine Frau stöhnte, aber es half nichts. Ende 2005, also in dieser Schulzeit, wurde auch noch meine Tochter geboren, die dann 10 Monate später an einem Gehirntumor erkrankte. Diese Zeit war also auch nicht ganz einfach, aber ich bekam meine Abschlüsse jeweils als Bester bzw. Drittbester, Durchschnitt so 1,8!
Ich schrieb drei Bewerbungen damals an Airbus, an Lufthansa und noch an die Stadt Hamburg, hatte mir meine Frau eingeredet. Bei Lufthansa war ich zu alt leider mit 29 Jahren, bei Airbus war es mein Fehler, dass es nicht geklappt hat. ich hatte (natürlich) angegeben, dass ich schon die Ausbildung zum Landschaftsgärtner gemacht hätte. Bei Airbus schloss man daraus, dass ich schon einen Abschluss hätte und lehnte mich ab, weil man keine Zweitausbildung machen würde, da ich aber keinen Abschluss vorher hatte, versuchte ich das richtig zu stellen, aber da war leider die Frist schon rum damals.
Nun ja, wer Interesse hatte, war die Stadt Hamburg. Ich wurde eingeladen zum Test und dann zum Gespräch mit Referat, Gruppenvortrag usw. Und ich war außer mir vor Freude, ich wurde genommen und sogar als Beamter wollte man mich haben, obwohl ich mich als Angestellter beworben hatte.
Es folgten 2 Jahre Vorbereitungsdienst, das war auch ganz nett, lief auch sehr positiv alles und ich schloss ab als fünft-Bester meines Jahrgangs. ich fand es auch nicht sehr schwer, zum Schluss hatte ich nur schon fast keinen Bock mehr, man sitzt ja da auch in der Verwaltungsschule mit 17-Jährigen Mädels zumeist. das ist zwar auch z.T. nett, aber auch nervig.

Ja, nach dem Vorbereitungsdienst bzw. bei dessen Ende bekamen alle Anwärter Stellen, auf die man sich bewerben konnte. Ich bekam eine Stelle als Rechnungssachbearbeiter und Mittelbewirtschafter.
Das war auch ganz nett von 2009 bis Ende 2010, ich hatte viel zu tun immer, bearbeitete Rechnungen von Straßenbaufirmen (Winterschäden etc.), buchte die Mittel entsprechend und hatte auch ein kleines Sachgebiet über Gehweg-Sondernutzungen.
Anfang des Jahres 2011 beschloss man, das Fachamt etwas umzustrukturieren, ich wurde von meiner Stelle weg woanders hingesetzt und sollte da angeblich das Gleiche machen wie vorher. Das waren alles leere Versprechungen bis heute.
Seit 2 1/2 Jahren sitze ich nun in meinem Büro hier mit einem etwas älteren Kollegen, der genau das Gleiche macht wie ich. das Problem ist, der sitzt da schon seit Jahren und hat sich quasi eingenistet dort. Er war immer Ansprechpartner vorher für die Kollegen der Abteilungen und blieb es auch bis heute. Zu mir kommt keiner mit fachlichen Fragen, obwohl ich eigentlich sehr bewandert bin in den Fachverfahren und im Umgang mit PC usw. Ich kenne mich mit Haushalt sehr gut aus, bin hilfsbereit und alles......und trotzdem, es kommt keiner zu mir.
Das allein würde noch halbwegs gehen, aber ich habe dazu auch keine Aufgaben. Ich kümmere mich um die Energieversorger unseres Fachamtes, das wars schon. Dafür brauche ich vielleicht pro Tag gerechnet so 15 Minuten. Den Rest des Tages sitze ich nur am Internet. Das ist schon so, dass ich zu Hause gar nicht mehr den Rechner anmachen brauche, ich kann alles in Ruhe auf Arbeit machen, Online-Banking, googlen, div. Foren etc.
Meinen Vorgesetzten habe ich schon oft angesprochen, ob es denn weitere Aufgaben für mich gibt, weil ich mein Potential total vergeuden würde hier, aber es kommt immer nur ein Gestammel dabei raus, man kann sich nicht vernünftig mit ihm unterhalten: "Ja, Vielleicht, wenn jetzt die große Entflechtung in der Bürgerschaft beschlossen wird, wenn die Umstrukturierung kommt" etc. Aber es passiert nichts. Woanders im gleichen Haus, wo ich sitze, türmen sich Aktenberge, die Leute wissen nicht, wass sie zuerst machen sollen und schütteln darüber nur ungläubig die Köpfe.

Ich habe versucht, mich innerhalb der FHH auf Stellen zu bewerben, aber es gibt kaum noch welche wegen des Sparzwanges und der 2-Jahres-Nichtbesetzungs-Regel. Ich versuche es weiterhin und habe noch Hoffnung, aber sie schwindet natürlich auch irgendwann.

Ich weiß nicht, was ich machen soll. Als Anwärter sagte man uns noch, wie vielfältig der Job ist, eine Generalisten-Ausbildung, gerade in Hamburg als Stadtstaat. Aber es ist davon nicht viel übrig geblieben, weil man einfach gar nicht das zeigen kann, wozu man fähig ist.

Ich bin verzweifelt, ich bin ein helles und williges Kerlchen, meine Beurteilungen sind gut und ich bin noch relativ jung und ehrgeizig, aber man gibt mir einfach nicht die Chance.

Ich habe schon manches Mal diesen Beamtentitel verflucht und mich gefragt, warum ich das gemacht habe. Nun ja, man hat die Sicherheit, aber das ist nicht alles im Leben. Mit das schlimmste Gefühl ist für mich, nicht gebraucht zu werden und genauso fühle ich mich. Die anderen Kollegen hier sind schon älter und haben sich damit abgefunden scheinbar, aber ich kann das nicht akzeptieren.
Früher, wo ich diese unsteten Jobs und wenig Geld hatte, war ich glücklicher!

Was soll ich nur tun? Wie geht es weiter?
Aufstiegsstudium 2019...von (ehemals) mD zum gD...wird hart, aber ich freu mich :D !
Benutzeravatar
Mikesch
Beiträge: 1981
Registriert: 16. Jan 2006, 09:52
Behörde: Zollverwaltung
Tätigkeit: Ab 2017 Pensionär auf Weltreise
Wohnort: OL
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Mikesch »

Mr. Pingel hat geschrieben:Was soll ich nur tun? Wie geht es weiter?
Du schrammelst ja fast an einer Depression vorbei...

Weiß nicht, ob es Dir hilft, so bin ich von Anfang an ran gegangen:
Ich bin kein Beamter aus Berufung, es war lediglich eine Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand ein Auskommen zu erwirtschaften.
Auch ich hatte oft genug Gelegenheit, privaten Kram im Dienst zu erledigen, war vorteilhaft, so hatte ich mehr Freizeit ;-)

Erfüllung und Anerkennung finde ich in meinen Tätigkeiten in der Freizeit. Hier kann ich meine Fähigkeiten und Talente ausspielen, nur das ist mir wichtig.
Der teilweise idiotische Amtsschimmel, fehlende Anerkennung oder teils auch Beschäftigungslosigkeit interessieren mich nicht die Bohne.

Löse Dich mental von Deinem Job! Wer den an erster Stelle stellt oder nur dort seine Erfüllung sucht, fällt oft in ein tiefes Loch, wenn es dort nicht so läuft.
SELECT 'dreams' FROM 'erinnerungen' WHERE HARDCORE = 'yes'
Fotografie, Internet, Reisen, Tauchen & Tools
http://www.zuhause-im-wohnmobil.de
Florek
Beiträge: 100
Registriert: 15. Feb 2013, 08:25
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Florek »

Ich bin ja eher einer der Beamten mit den Aktenbergen. Habe derzeit um die 100 Überstunden, meinen kompletten Jahresurlaub und stehe trotzdem ständig unter Zeitdruck. Bin ziemlich schnell nach A9 durchbefördert worden und habe noch eine kleine Zulage, kann also finanziell nicht klagen, trotzdem ist das auch nicht das Wahre, verstehe nicht, wieso das nicht etwas ausgewogener sein kann....

Zum TE, ich würde zusehen, daß ich einen Aufstiegsvermerk bekomme bei der nächsten Beurteilung, vielleicht ist der Vorgesetzte ja dem gegenüber aufgeschlossen, zumal, wenn du auf dem Posten nicht unbedingt "unabkömmlich" bist. Das hätte verschiedene Vorteile, zum einen bist du weg von deinem Job, du lernst viele interessante, neue Sachen und du hast danach Zugang zu den interessanten Jobs! Seien wir doch mal ehrlich, der mittlere Dienst ist klinisch tot! Es gibt kaum Stellen und die, die es gibt, könnten zu 90 % doch auch Leute ohne Ausbildung oder maximal mit einer kaufmännischen Ausbildung machen! Die interessanten Jobs sind dem g. D. vorbehalten, was für Jobs kriegst du denn schon mit dem mittleren Dienst? Akten sortieren und Datenerfassung... Daher würde ich zusehen, daß ich die Qualifikation erwerben kann, bei meiner Behörde geht das nicht, aber wenns geht, alles versuchen, das machen zu können!
Ansonsten, sofern du örtlich flexibel bist, kannst du ja mal sehen, was z. B. in anderen Bundesländern (hier in Bayern sind beim Freistaat und den Gemeinden schon hin und wieder mal Stellen ausgeschrieben) so geht, mehr fällt mir jetzt leider auch nicht ein.
Mr. Pingel
Beiträge: 69
Registriert: 25. Jun 2013, 15:33
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Mr. Pingel »

Hallo nochmal,
Mikesch hat geschrieben:
Mr. Pingel hat geschrieben:Was soll ich nur tun? Wie geht es weiter?
Du schrammelst ja fast an einer Depression vorbei...

Weiß nicht, ob es Dir hilft, so bin ich von Anfang an ran gegangen:
Ich bin kein Beamter aus Berufung, es war lediglich eine Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand ein Auskommen zu erwirtschaften.
Auch ich hatte oft genug Gelegenheit, privaten Kram im Dienst zu erledigen, war vorteilhaft, so hatte ich mehr Freizeit ;-)

Erfüllung und Anerkennung finde ich in meinen Tätigkeiten in der Freizeit. Hier kann ich meine Fähigkeiten und Talente ausspielen, nur das ist mir wichtig.
Der teilweise idiotische Amtsschimmel, fehlende Anerkennung oder teils auch Beschäftigungslosigkeit interessieren mich nicht die Bohne.

Löse Dich mental von Deinem Job! Wer den an erster Stelle stellt oder nur dort seine Erfüllung sucht, fällt oft in ein tiefes Loch, wenn es dort nicht so läuft.
Vielen Dank für Deine Antwort, Mikesch!
Ja, vor einer Depression habe ich Angst!
Ich bin auch kein Beamter aus Berufung, das hat man sicherlich aus dem Text gelesen, ich war immer eher der technische Typ. Aber mir hat es trotzdem Spaß gemacht zu Anfang und man hatte ja auch eine gewisse Perspektive gehabt. Ich kann mich vom Job nicht so einfach mental lösen, ich bin ja die meiste Zeit des Tages hier. Und wenn Du jeden Tag um 8 Uhr kommst, den PC anmachst und ab dann das Internet Dein bester Freund bis 17 Uhr, dann hast Du irgendwann die Schnauze voll davon.
Ich bewundere Dich dafür, dass Du Dich von diesen Unzulänglichkeiten im Amt, die Du genannt hast, so lösen kannst, dass es Dich nicht mehr interessiert, ich schaffe das nicht.
Freizeitaktivitäten habe ich genug, da bekomme ich auch etwas Anerkennung etc., aber das ist doch anders als der Job.
Florek hat geschrieben:Ich bin ja eher einer der Beamten mit den Aktenbergen. Habe derzeit um die 100 Überstunden, meinen kompletten Jahresurlaub und stehe trotzdem ständig unter Zeitdruck. Bin ziemlich schnell nach A9 durchbefördert worden und habe noch eine kleine Zulage, kann also finanziell nicht klagen, trotzdem ist das auch nicht das Wahre, verstehe nicht, wieso das nicht etwas ausgewogener sein kann....

Zum TE, ich würde zusehen, daß ich einen Aufstiegsvermerk bekomme bei der nächsten Beurteilung, vielleicht ist der Vorgesetzte ja dem gegenüber aufgeschlossen, zumal, wenn du auf dem Posten nicht unbedingt "unabkömmlich" bist. Das hätte verschiedene Vorteile, zum einen bist du weg von deinem Job, du lernst viele interessante, neue Sachen und du hast danach Zugang zu den interessanten Jobs! Seien wir doch mal ehrlich, der mittlere Dienst ist klinisch tot! Es gibt kaum Stellen und die, die es gibt, könnten zu 90 % doch auch Leute ohne Ausbildung oder maximal mit einer kaufmännischen Ausbildung machen! Die interessanten Jobs sind dem g. D. vorbehalten, was für Jobs kriegst du denn schon mit dem mittleren Dienst? Akten sortieren und Datenerfassung... Daher würde ich zusehen, daß ich die Qualifikation erwerben kann, bei meiner Behörde geht das nicht, aber wenns geht, alles versuchen, das machen zu können!
Ansonsten, sofern du örtlich flexibel bist, kannst du ja mal sehen, was z. B. in anderen Bundesländern (hier in Bayern sind beim Freistaat und den Gemeinden schon hin und wieder mal Stellen ausgeschrieben) so geht, mehr fällt mir jetzt leider auch nicht ein.
Hallo Florek, vielen Dank!
Ja, bei uns in Hamburg gibt es alle zwei Jahre die Möglichkeit,sich für einen Aufstiegslehrgang vom mD zum gD zu bewerben, ohne dass man Abitur hat. Man bekommt bei erfolgreicher Bewerbung eine dreimonatige Qualifikation, was die Zugangsvoraussetzungen für das ansschließende 3-jährige Studium an der HAW Hamburg schafft. Diese ganze Zeit erhält man die Bezüge aus der letzten Dienststelle und hat dann bei erfolgreichen Abschluss (Bachelor) sehr gute Chancen für eine neue Stelle im gD.
Das würde ich gern machen, es gibt nur zwei Haken:
Es gibt immer nur 24 Plätze alle zwei Jahre... :shock: ...da kann man sich die Bewerbungssituation vorstellen! Und das zweite ist, man muss natürlich auch sehr gute Beurteilungen, Empfehlungen, und den richtigen Nasenfaktor haben. Es ist also nicht einfach, aber Anfang nächsten Jahres ist wieder der Lehrgang, da geht es bald mit Bewerbungen los und ich versuche es erstmals!
Allerdings, Unterstützung kann ich von meinem Vorgesetzten nicht erwarten, der schafft es seit fast drei Jahren nicht einmal, trotz Versprechen und mehrmaliger Aufforderung, Stellenbeschreibungen für die paar Leutchen hier zu fertigen!Ich kenne andere Vorgesetzte, aber meiner hier ist ne wirkliche Pfeife und das habe ich ihm auch schon in der Dienstbesprechung vor den Leuten gesagt!

Der mittlere Dienst (jetzt ja Laufbahngruppe 1, ab zweiten Einstiegsamt :? ) ist in meinen Augen auch tot, da hast Du völlig Recht. Ich frage mich, wozu man die Ausbildung bzw. den Vorbereitungsdienst gemacht hat?! Alle Tätigkeiten bei mir in der Abteilung können in meinen Augen Hilfskräfte machen, wenn man sie ein paar Wochen anlernt! Ich habe mich qualifiziert zum Ausbilder letztes Jahr und habe ab und zu Praktikanten (was sowieso schon schwierig ist, die mit Arbeit zu versorgen) und ich hatte letztens einen aus einem Gymnasium, der war so helle, der hätte sofort anfangen können hier, der wusste nach drei Tagen, wie man in SAP richtig bucht, wozu andere grad ältere Kollegen) nach Jahren noch immer nicht in der Lage sind!!!

Ein paar Stellen gibt es ja noch im mD, die ich ganz nett finde, aber die muss man echt suchen. mD ist mMn heute das, was früher eD war: Akten sortieren, buchen, kopieren, oft nichts, wo man selber entscheiden kann, wo man wirklich was reißen kann!!!

Flexibel bin ich leider nicht, ich habe mir extra Hamburg als Stadtstaat ausgesucht, weil es halt viele Behören gibt und man bei einer (Zwangs-)Versetzung immer noch am Wohnort ist. Zudem habe ich auch noch ein Haus gebaut, zwei Kinder und meine Frau ist ja auch Beamtin in HH, nur im anderen Bezirksamt! Das ist leider nicht so einfach, in ein anderes Bundesland zu gehen, zumal wir auch keinerlei familiäre Unterstützung haben.

Das ich das alles so auf den Job ausgerichtet habe, das bereuhe ich schon genug, habe schon oft daran gedacht, um Entlassung zu bitten, aber was dann? Dann habe ich wieder keine Ausbildung?!Selbstständigkeit?! Wäre was, aber da zieht meine Frau nicht mit!

Ich bin weiter gespannt!


Gruß Pingel
Aufstiegsstudium 2019...von (ehemals) mD zum gD...wird hart, aber ich freu mich :D !
Steinbock
Beiträge: 916
Registriert: 20. Mai 2012, 11:50
Behörde:
Tätigkeit: Versicherungsfachmann mit Schwerpunkt Öffentlicher Dienst.
Wohnort: Rheinland-Pfalz

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Steinbock »

Hallo Pingel,

aus deinem Text entnehme ich, dass Du zwar den Beamtenstatus hast - nur keinen Spass mehr an deiner Tätigkeit.

Dann sollte man sich die Fragen stellen:

Was ist wichtig für mein Leben ?
Welche Tätigkeit würde mich ausfüllen ?
Ist der öffentliche Dienst (Beamter) wirklich das richtige ?

Wichtig ist doch, dass das Leben und die Arbeit Spass macht, die Gesundheit nicht darunter leidet, die Familie glücklich ist und natürlich auch die mtl. Einkünfte reichen.

Wenn Du diese Fragen für dich durchgearbeitet hast, dann kannst Du dir auch einen neuen Weg suchen bzw. den derzeitigen verbessern.

Sollte dieser bei deiner Behörde sein - dann musst Du kämpfen.
Manchmal kann man auch etwas erreichen, wenn man seinen Vorgesetzten (Pfeife) umgeht.
Vielleicht hilft auch eine Versetzung zu einem anderen Amt.
Kontaktaufnahme zum Personalrat.
In vielen Behörden ist es sinnvoll Mitglied in einer Gewerkschaft zu sein.
Man kann sich evt. auch in den Personalrat wählen lassen.

Wenn Du einen Weg außerhalb der Behörde wählst.
Evt. jetzt schon eine entsprechende Ausbildung in der Abendschule oder Fernstudium.
Auch besteht vielleicht die Möglichkeit in diese Tätigkeit im Nebenjob rein zu schnuppern.

Gruß vom Steinbock

PS: der auch den Weg aus dem öffentlichen Dienst in die Selbständigkeit gewählt hat.
Florek
Beiträge: 100
Registriert: 15. Feb 2013, 08:25
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Florek »

Achso, das ist bei uns in Bayern anders, hier braucht man einen Aufstiegsvermerk in der Beurteilung und eine Beurteilung muß zwingend alle 4 Jahre gemacht werden, den erteilt der Vorgesetzte in Absprache mit der Personalstelle, um die Erstellung der Beurteilung kommt hier kein Vorgesetzter herum, die ist für jeden Beamten zu fertigen! Mit diesem Vermerk, kann man dann an der Aufstiegsprüfung teilnehmen und da gibts dann auch eine begrenzte Anzahl Plätze, die nach Prüfungsergebnis verteilt werden, ist also etwas transparenter hier!

Vielleicht gibt es auch einmal die Möglichkeit zu einer kleineren Umlandgemeinde im pendelbaren Bereich (S-H oder Niedersachsen) zu wechseln, bei kleineren Behörden ist man im Normalfall mehr "Generalist" das muß man mögen, aber es kann eine gute Sache sein, diese Stellen sind meistens in den entsprechenden Regionalzeitungen ausgeschrieben, manchmal ist da sogar für den m. D. was Interessantes dabei (bei kleineren Behörden geht manchmal sogar das Standesamt, was ein überaus interessantes Arbeitsgebiet ist).

Ansonsten, wie gesagt, ich weiß nicht so genau, warum überhaupt noch im m. D. ausgebildet wird, zumindest nicht in der allgemeinen inneren Verwaltung, denn wenn man sich die Stellenausschreibungen so anschaut und sich denkt, oh, die Stelle klingt interessant, dann kann man zu fast 100 % davon ausgehen, daß 3. QE (g. D.) gefordert wird, in manchen Behörden bist du im m. D. gerade noch gut genug für die Registratur. Ich sehe da wenig Zukunftsträchtiges und rate auch keinem, die Ausbildung zu machen.
schäferhund
Beiträge: 346
Registriert: 28. Sep 2010, 12:54
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von schäferhund »

Die von "Mr. Pingel" eindrucksvoll geschilderte Lage spiegelt doch eigentlich die Gesamtsituation des mD in den öffentlichen Verwaltungen wieder. Sicherlich gibt es da von Resort zu Resort, bzw. in den einzelnen Bundesländern noch Ausnahmen - in der Gesamtbetrachtung muß meiner Ansicht nach aber von einem langsamen "Aussterben" des mD ausgegangen werden. Höherwertige Aufgaben innerhalb des mD erledigen mehr und mehr die Koll. des gD (die teilweise schon in Arbeit " ersticken") einfachere Tätigkeiten fast ausschließlich Tarifkräfte im Niedriglohnbereich mit Zeitvertrag.
Florek hat geschrieben: in manchen Behörden bist du im m. D. gerade noch gut genug für die Registratur. Ich sehe da wenig Zukunftsträchtiges und rate auch keinem, die Ausbildung zu machen.
100 % Zustimmung :D

Wir hatten übrigens vor fast genau zwei Jahren ein vergleichbares Thema im Forum:

http://www.beamtentalk.de/mittlerer-nic ... t2793.html


Fazit: Bei Berufswahl Vorsicht vor dem mD !
Mr. Pingel
Beiträge: 69
Registriert: 25. Jun 2013, 15:33
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Mr. Pingel »

Hallo Steinbock, Florek, schäferhund,

vielen Dank für die Antworten!

Ja, es ist wirklich nicht einfach im mD, in Hamburg werden aber immer noch jedes Jahr mindestens zwei, meist drei oder sogar vier Verwaltungsschulklassen mit 16 Anwärtern ausgebildet. Die armen jungen Küken tun mir immer voll leid, wenn man sie übersprudelnd vor Freude über die vielen Möglichkeiten in der Hamburgischen Verwaltung reden hört!!! :evil:

@Steinbock: Ja, diese Fragen habe ich mir schon oft gestellt, eigentlich müsste ich mich selbstständig machen, aber dazu ist meine Frau nicht risikofreudig genug.

Ich möchte schon in der Verwaltung bleiben und ich frag mich ja auch manchmal, ob man nicht auf hohem Niveau jammert. es gibt ja etliche Berufe, wo die Leute 30 Jahre lang immer das gleiche machen, bei VW, als Arzthelferin, aufm Bau! Andererseits habe ich das Gefühl, alle meine Bekannten ziehen an mir vorbei, alle qualifizieren sich, steigen auf, werden Filialleiter, bekommen Firmenwagen usw.
Da habe ich wohl etwas gepennt früher!
Was möglich wäre, wäre Abi in der Abendschule und dann nochmal studieren, aber das ist auch nicht einfach neben dem Beruf...und komplett, ja, wo soll dann die Kohle für Haus und Kinder und Studiengebühren herkommen? Alles nicht so einfach!

Kontakt zum Personalrat hatte ich schon, das ist alles eine verlogene Sippe in meinen Augen, Hilfe kann man da nicht erwarten!

@Florek: Ja, Beurteilungen müssen auch hier gefertigt werden und für den Aufstiegslehrgang kann der Vorgesetzte natürlich auch eine Empfehlung reinschreiben...wenn denn der Nasenfaktor passt. im Moment kann man mich eigentlich garnicht beurteilen, weil ich nichts groß leiste. :twisted:
Ins Umland zu wechseln habe ich schon versucht, ich habe ja auch in S.H. nahe Hamburg gebaut, leider gibt es da fast gar keine Stellen und wenn, dann sind es Stellen für Beschäftigte. Ich war auf dem hiesigen Schulamt des Kreises zur Anmeldung meiner Tochter letztes Jahr. Dei nette Dame, mit der ich mich kurz unterhielt, meinte, es gäbe kaum noch Beamte in der Kreisverwaltung, wenn nur im gD, damit die hoheitlichen Aufgaben gewahrt bleiben. Ansonsten sträubt man sich wohl sehr1

@schäferhund: Nettes Thema, der Link, das trifft es auch sehr gut.

Mittlerer Dienst würde ich auch jedem abraten. Allen meinen Praktikanten (wenn ich mal welche habe) rate ich, auf jeden Fall Abitur und Studium zu machen, wenn sie unbedingt in die Verwaltung wollen. Realschülern rate ich ab, auch wenn das meine Personal-Tante nicht hören will! Es gibt ja auch so ein paar Stellen in hamburg, die auch im mD interessant sind, für mich zumindest, Arge, Kundenzentrum (Einwohneramt), Beihilfe, alles Jobs mit viel Stress und viel Arbeit, teils auch schwieriger Klientel. Aber ich war in der Ausbildung im Kundenzentrum, das war klasse, auch wenn diese Stellen alle zu niedrig bewertet sind, aber da macht man wenigstens noch was. Aber das Ding ist, es gibt nicht mal dafür Stellen oder kaum. Selbst in der Arge, wo man denkt, das da die Leute fluktuieren wie sonstwas, gibt es nichts, viele sind sehr zufrieden dort.

Wenn man mir wenigstens halbwegs vernünftige Aufgaben geben würde, wäre ich nicht so betrübt, aber es scheint einfach keinen zu interessieren, dass hier Leute sitzen, die 8 h bezahlt werden, aber nu 0,5 h dafür was tun. Wo gibts denn sowas? Das sind doch Zustände..................

Hier nochmal ein Bildchen...so sieht mein Schreibtisch seit zwei Wochen aus...:
Bild

Drei Vorgänge habe ich...ist das normal in einem gebäude, wo die Bauprüfung drin sitzt und nicht mit den Baugenehmigungen hinterher kommT???
Aufstiegsstudium 2019...von (ehemals) mD zum gD...wird hart, aber ich freu mich :D !
Blue Ice Ultra
Beiträge: 764
Registriert: 22. Sep 2011, 18:42
Behörde:
Tätigkeit: Beamter

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Blue Ice Ultra »

Hört sich für mich nach einem Fall für einen Dienstherrnwechsel an. Such Dir was neues.
Florek
Beiträge: 100
Registriert: 15. Feb 2013, 08:25
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Florek »

Immerhin schön ordentlich, meinen könnte ich hier so nicht präsentieren! :D
Davon, daß eine Stelle als Angestelltenstelle ausgeschrieben ist, würde ich mich nicht ins Bockshorn jagen lassen! Gerade kleine Gemeinden sind bei uns in Bayern recht flexibel, was das angeht, ist ja nur ein kleiner Ratsbeschluß (einmal Händchenheben bitte) und die Stelle ist umgewandelt! Wurde für mich selber auch schonmal gemacht. Haben wollen müssen sie einen halt! Aber anrufen und nachfragen würde ich auf jeden Fall, das kostet nix! Tja, ich sag mal, fürs Sozialbürgerhaus hättest du bei der Stadt München derzeit wohl gar keine so schlechten Karten, die suchen dort, auch wenn der Sozialbereich eigentlich eine Domäne für den g. D. ist, aber mit einem Haus in Hamburg ist das natürlich unmöglich.

Ich hab mir den alten Thread durchgelesen und ja, stimmt schon, die Tendenz geht klar weg vom m. D., wobei sie jetzt bei uns in Bayern, gerade im Finanzamtsbereich die Einstellungszahlen für die Anwärter explodieren lassen! In der allgemeinen inneren ist es weniger stark, aber auch da stellen sie wieder etwas mehr Leute in den VD ein und mit solchen Texten:

Egal, ob Du im Gewerbeamt den Betrieb einer Gast-
stätte erlaubst, im Bereich Wirtschaftsförderung
jungen Unternehmern bei der Existenzgründung
mit Deinem Wissen zur Seite stehst, im Sozialamt
bedürftige Menschen unterstützt, in der Abteilung
für Natur- und Umweltschutz seltene Naturdenkmäler unter Schutz stellst oder im Bauamt Bauherren zu den Bauvorschriften berätst und Baugenehmigungen erteilst:
Deine Top-Ausbildung macht Dich bei Bürgerinnen
und Bürgern sowie für Unternehmen zu einem
kompetenten und vielseitigen Ansprechpartner für
öffentliche Dienstleistungen.

werden die Leute dann für den m. D. geködert, Gaststättenerlaubnisse wurden an allen Behörden, die ich kenne klar von Leuten aus dem g. D. bearbeitet, von der Beratung in der Wirtschaftsförderung oder der Erteilung von Baugenehmigungen ganz zu schweigen! Irgendwo ist es doch dann logisch, daß die Leute gefrustet sind, wenn sie dann hinterher grade mal nachschauen dürfen, ob der Antrag auch unterschrieben ist und ob die darauf genannten Unterlagen auch dabei sind, um sie anschließend an den SB zu geben, der den Bescheid erstellt und ihnen dann wieder in die Hand drückt zum Lochen und ablegen....
Ich meine, die Tendenz, daß Stellen heute höherwertig besetzt werden, gibt es durchaus auch in der Wirtschaft, ich hab ja auch mal eine kaufmännische Ausbildung gemacht und heute sitzen natürlich auch in großen Unternehmen BWLler auf Stellen, die vor 25 Jahren ein Industriekaufmann gemacht hat, für das gleiche Kaufkraftäquivalent wie damals der Industriekaufmann nebenbei bemerkt, aber die Tendenz ist zum einen nicht ganz so extrem wie im ö. D. und für Kaufleute gibts zahlreiche Möglichkeiten, sich weiterzubilden (Fachwirt, Fachkaufmann, Bilanzbuchhalter), darauf kann man dann in den meisten Fällen sogar noch den Bachelor setzen und hat so zumindestens eine Perspektive, die es im m. D. leider nicht gibt!
Benutzeravatar
Bundesfreiwild
Beiträge: 1946
Registriert: 17. Jan 2011, 08:48
Behörde:
Tätigkeit: Telekomikerin
Kontaktdaten:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Bundesfreiwild »

Hm... das Internet hat meinen Beitrag "gefressen".

Meine Ratschläge:
Oft ist es genau SO, wie du das schilderst: Der Kollege nebenan (egal mal, ob mD oder gD) kommt vor Arbeit um, aber der Vorgesetzte schafft es nicht, die Arbeit zu verteilen. Viele, die Vorgesetzte sind, sind selbst durch ihre eigentlich nicht vorhandene Karriere völlig demotiviert worden und haben keinen Bock mehr, gegen Windmühlen zu kämpfen. Sie haben kapiert, dass Veränderungen meist nur von oben kommen und man selbst fast immer nichts verändern kann.

Deshalb macht es auch keinen Sinn (ich habe lange gebraucht, um DAS zu kapieren), mit dem Vorgesetzten zu hadern und ihm kritische Dinge vorzulegen, um Änderung zu ersuchen, weil der gute Mann eben eigentlich in der gleichen Situation ist, wie man selbst. Im Unterschied zu Neuanfängern hat er aber verstanden, dass alles Engagement im Ämterdschungel verpufft.

Für den mehr oder weniger unbeschäftigten Beamten gibts nun mehrere Möglichkeiten:
Entweder, er macht sich durch permanenten Druck auf Kollegen und Vorgesetzte unbeliebt, was seiner Beurteilung und Karriere schaden wird - obwohl er natürlich eigentlich Recht hat. Also schön im Strom mitschwimmen und sich überlegen, wie man den Tag herum bringt und dabei so aussieht, als hätte man etwas zu tun und wäre fleissig am arbeiten. Showtime!

Aus eigener Erfahrung kann dir wahrscheinlich so ziemlich jeder Beamter, der mal sehr motiviert und engagiert ins Berufsleben eingestiegen ist, ein Lied davon singen, dass man sehr schnell auf den Boden der Tatsachen zurückkommt, in der Hinsicht, dass das Ämtersystem bei aller Modernisierung und Modernisierungsgequatsche immer noch ein steifes System ist, in dem auch der willigste und handelnde Mensch zum Däumchendrehen verdammt sein kann. Kritik führt zu nichts, schon garnicht die aus dem mittleren Dienst, weil hier auch noch oft die akademische Intoleranz wirkt, in der Art, dass jemand, der nicht studiert hat, wohlmöglich gar nicht zum Denken und für komplexe Analysen überhaupt nicht fähig sei. Jegliche Kritik, die "von unten" kommt, hat also in den Augen der "Oberen" grundsätzlich keine Berechtigung, selbst wenn sie noch so berechtigt IST.

Stufe 2 ist, Verständnis für den Vorgesetzten aufbringen und ihm einfach in Ruhe lassen, freundliche persönliche Beziehung aufbauen, das kann zu einer freundlichen Beurteilung führen, mit der man sich auch mal woanders hin bewerben kann. Wie man so schön sagt: Im Strom mitschwimmen, nicht auffallen und die Faust in der Tasche machen. (Das war für mich immer das Schwierigste *lach*)

Verlagere dein Engagement ins Privatleben, solange im Dienst nichts läuft. Deine berufstätige Frau wird sich freuen, wenn du ihr Zeit schenkst und ihr Freiräume schaffst, in denen sie auch mal - z.B. ein Hobby - alleine betreiben kann. Beschäftige dich mit deinen Kindern.
Mein wichtigster Vorschlag wäre, dasss du dir evtl. eine Nebentätigkeit suchst, die deinen technischen Neigungen entspricht. Vielleicht ergibt sich ja über diesen Weg auch eine Perspektive, in welchem Beruf man zufriedener sein könnte und evtl. auch selbstbestimmter und seine Energien einbringen kann.

Ganz klar muss man als Beamter einsehen, dass man am "System Amt" kaum etwas ändern kann, weswegen einem nichts anderes übrig bleibt, als sich außerhalb der Dienststruktur "zu verwirklichen", zumindest solange, bis der Dienstherr auf die Idee kommt, dass er andere Strukturen und Aufgabenverteilungen einführt.

Falls dir der Betriebsrat/Personalrat auf den Geist geht (wie vermutlich vielen deiner Kollegen auch), könntest du deine Energie auch darin bündeln, dass du eine alternative Wahlliste zur nächsten Personal/Betriebsratswahl aufstellst und dich in den Betriebsrat wählen lässt. DA kannst du dann mit einem Mandat und mit sehr viel mehr gesetzlich gestütztem Einfluss mit dem Amtsleiter über die Dinge reden und sie zu verändern versuchen. Mit der Betonung auf "versuchen".
Ein intensiver Blick ins Internet hinsichtlich der Vorschriften zur Aufstellung einer Kandidatenliste, Fristen, Wahlorganisation würde sich lohnen.
Du hast ja ohne Ende Zeit auf der Arbeit, da könntest du dich mit dem Thema intensiv beschäftigen. Die nächste Wahl dürfte auch bei euch im April 2014 anlaufen, bis dahin solltest du dann wissen, wie man eine Kandidatenliste aufstellt und dem Wahlvorstand beitritt.
Falls du dann Personalrat BIST, hättest du auch wahrscheinlich genug zu tun, wenn du deine Aufgabe im Sinne der Beschäftigten wahrnimmst.

Hier in der Hochschule hatten sie auch keinen Bock mehr auf den Personalrat, der immer mit dem Ressortleitern klüngelte und sämtliche berechtigte Kritik vom Personal abwimmelte, bzw. das Personal als Selbstverursacher der Misere hinstellte. Einer hatte die Schnauze voll, stellte eine alternative Liste auf und prompt gabs 50% Minus für den ver.di-Personalrat.
arti67
Beiträge: 40
Registriert: 15. Feb 2012, 15:09
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von arti67 »

Hervorragender Beitrag von Bundesfreiwild. Es handelt sich offenkundig um einen sehr erfahrenen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ;-) Ich kann mich seinen Ausführungen nur anschliessen.

Bin seit über 20 Jahren dabei und habe immer wieder festgestellt, dass meine Eltern mich völlig falsch erzogen haben. Der öffentliche Dienst ist im Grunde "Ball paradox" und eigentlich einer Demokratie nicht würdig. Er hat hinsichtlich Leistungsbereitschaft, Ehrgeiz und Engagement sehr viel mit dem Sozialismus gemein. Wer was leistet, wird bestraft durch mehr Arbeit. Dummheit schafft Freizeit oder wie es ein Kollege mal so schön auf den Punkt brachte: "Je weniger ich gearbeitet habe, desto besser bin ich beurteilt worden." Klar, wer wenig macht, macht keine Fehler.

In Ergänzung zu Bundesfreiwilds Ausführungen: Leg Dir ein dickes Fell zu. Lass nicht alles an Dich ran. Ich weiß, dass dauert ne Weile, aber bei mir hat es sich nach langen Jahren auch rentiert. Ich bin heute viel entspannter und nicht mehr chronisch unzufrieden. Das kranke System ändert wir eh nicht...
Anstaltszauber
Beiträge: 116
Registriert: 7. Jun 2012, 18:41
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Anstaltszauber »

Mr. Pingel hat geschrieben:Hier nochmal ein Bildchen...so sieht mein Schreibtisch seit zwei Wochen aus...:
Wenigstens eine vorbildliche Arbeitsplatzgestaltung.

Ich kann Deinen Frust verstehen und muß Dir leider sagen: Er ist dem öD systemimmanent.

Und das hat viele Gründe.

In den Führungsebenen wimmelt es (derzeit) von Leuten, die in den achtziger Jahren eingestellt wurden. Der öD war damals nicht unbedingt attraktiv und zog so viele Minderleister an. Wer was konnte und wollte, der hat anderswo sein Glück gesucht. Da ging noch bis in die neunziger Jahre hinein so, als Ämter und Justiz Heerscharen von Juristen für die neuen Länder eingestellt haben. In diesen "goldenen" Jahren brauchte ein Volljurist weniger Punkte in beiden Staatsexamina zusammen, als heute in nur einem, um Richter zu werden.

Und diese Leute haben sich den öffentlichen Dienst nach ihren Wünschen geformt: Kuschelatmosphäre. Und immer Mittel und Wege finden, Arbeit abzuwehren oder abzuwälzen und die Dinge einfach laufen zu lassen.

Dirk Rossmann (der mit den Drogeriemärkten) wird der Satz zugeschrieben: "Gute Menschen finden Wege, schlechte finden Gründe."

Ich erlebe es jeden Tag, wie bei uns Gründe gesucht werden, warum dies nicht läuft, das nicht geht und überhaupt alles besser sein könnte. Schuld: Immer die anderen. Unfähige (faule) Mitarbeiter, unmögliche Kunden, ungerechte Presse, ungnädige Politik etc. pp.

Es ist auch nicht absehbar, daß sich dies in Zukunft ändert. Wie heißt es: "A-Leute stellen Aplus-Leute ein, B-Leute C-Leute". Und so werden heute vielfach die Führungskräfte, die zwar vielleicht gute Noten und Beurteilungen haben, aber eigentlich wenig Wissen und noch weniger Interesse haben. Wie soll ein Chef, der ein Thema nicht vollumfänglich beherrscht, auch beurteilen können, was jemand leistet. Also wird zu "Hilfsbeobachtungen" gegriffen: Der X. grüßt immer so nett. Der Y. bewundert meine Kompetenz. Aber der Z., der stört nur, weil er immer so viele Ideen hat, über deren Umsetzung ich entscheiden soll.

Hinzukommt, daß der öD zwar unter Erfolgsdruck steht, aber sein Leistungsvermögen so schlecht zu objektivieren ist. Es gibt keinen Markt, wo ein Produkt Anklang findet oder nicht. Und so findet man immer Gründe.....

Ein weiterer Punkt ist in meiner Erfahrung die Versoftung und Verweiblichung der Arbeitswelt. Es wird alles nur noch moderiert, man befindet sich auf einem guten Weg (wohin?), zu jedem Scheiß werden Arbeitsgruppen gebildet, Kritik wird als Wattebäuschen geäußert. Ich wünsche mir mal so einen richigen Chef, der bei einem Fehler meinerseits quer durchs Haus ruft: "Anstaltszauber, sofort zu mir". Und ich hin. Wir diskutieren. Wenn ich recht habe, sagt er: "Anstaltszauber, Sie haben recht." Wenn er recht hat, dann sage ich: "Der Punkt geht an Sie."

Und so diskutieren wir in der Sache, nicht der Form halber. Der Management-Guru Fredmund Malik meint: "Man muß als Chef vorsichtig sein, wenn sich kein Widerspruch regt."

Vom Personalrat darf man bei uns nichts erwarten. Wichtig ist, daß jeder irgendwie "versorgt" ist. Leistung macht da nur verdächtig, weil man dadurch die Meßlatte für die anderen höher legen könnte - und dann käme viel Arbeit auf den Personalrat zu, wenn die Kollegen hinrennen und sich beklagen, die Anforderungen seien so gestiegen.

Zu Deiner Situation: Mach das beste draus und such' Dir ein Hobby. Lese Fachliteratur zu allen möglichen Themen auf Arbeit, um Dich persönlich weiterzubilden. Vielleicht kannst Du es irgendwann brauchen, jedenfalls bringt einen Wissen immer weiter. Hin und wieder überraschend ein paar freie Tage zusätzlich nehmen :wink:

Es kommen auch irgendwann bessere Zeiten. Vermeide es aber, Dich bei deinen Chefs unbeliebt zu machen. Dann landest Du endgültig auf einem Abstellgleis - vielleicht endgültig.

Gruß aus der Anstalt.
Benutzeravatar
Bundesfreiwild
Beiträge: 1946
Registriert: 17. Jan 2011, 08:48
Behörde:
Tätigkeit: Telekomikerin
Kontaktdaten:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Bundesfreiwild »

"""Ein weiterer Punkt ist in meiner Erfahrung die Versoftung und Verweiblichung der Arbeitswelt. Es wird alles nur noch moderiert, man befindet sich auf einem guten Weg (wohin?), zu jedem Scheiß werden Arbeitsgruppen gebildet, Kritik wird als Wattebäuschen geäußert. Ich wünsche mir mal so einen richigen Chef, der bei einem Fehler meinerseits quer durchs Haus ruft: "Anstaltszauber, sofort zu mir". Und ich hin. Wir diskutieren. Wenn ich recht habe, sagt er: "Anstaltszauber, Sie haben recht." Wenn er recht hat, dann sage ich: "Der Punkt geht an Sie.""

JO. Ich bin zwar auch ein "Mädchen", aber von der sehr direkten Art. Mit der ich bei vielen Frauen nicht besonders gut ankomme, weil ich eben die Harmonie-und -Wattebauschkommunikation nicht betreibe und ich es auslasse, erstmal 20 Min Smalltalk macht, bevor man überhaupt zur Sache kommt (kommen darf).

Mich kotzt diese überbordende Arbeitsgruppenkacke auch mehr als an, die es angeblich allen und jedem Recht machen und alle angeblich an Entscheidugen beteiligen will, Dabei ist es das bloße Ziel, dass man mal mit allen mal drüber geredet hat - um eben einen Anschein von Harmonie, MItspracherecht und Teamgedöns zu erzeugen. Da fühlen sich dann grad die Frauen gebauchpinselt und in die Pflicht genommen und folgen den dann doch übergestülpten Entscheidungen eher.

Allerdings sind oft auch grad die Frauen, die unbedingt Karriere machen/maximale Kohle verdienen wollen, zwar im Smalltalk bewandert, nutzen ihn aber auch oft sehr geübt aus, um ihre eigentliche Taktik zu verschleiern. Da sind sie dann auch besser - und listiger- als viele Männer. Beide Seiten könnten voneinander viel lernen; da der Mensch aber meiner Meinung (und der der Wissenschaft) mehr von hormonellen Prozessen gesteuert ist, als die "Krone der Schöpfung" vor sich selbst zugeben will, müsste man sich seiner selbst und seiner emotionalen Handlungen erstmal bewusst werden - um sie besser steuern zu können.

Egal wie und in welcher Ebene ist man in den meisten Fällen der nächstoberen Führungsebene unterstellt. Und im Endeffekt trifft derjenige die Entscheidungen, der ganz oben sitzt (BMF/BMI). Und der sitzt momentan im Rollstuhl und wird seit 30 Jahren als Beamtenhasser bezeichnet. Da muss einen nichts wundern.
Mr. Pingel
Beiträge: 69
Registriert: 25. Jun 2013, 15:33
Behörde:

Re: Dilemma eines Hamburger Beamten mD, Hilfe!!!

Beitrag von Mr. Pingel »

Hallo,

vielen Dank für die Antworten, insbesondere von Bundesfreiwild und Anstaltszauber!

Ja, die Situation ist wohl leider so, wie ihr sie geschildert habt.
Trotzdem sträubt sich alles in mir dagegen, einfach so weiter zu machen wie bisher, in dem Strom aus Perspektivlosigkeit, Beamtenmuff und ständigen Ja-Sagen mitzuschwimmen!
Ich kann nicht den ganzen Tag so tun, als hätte ich hier eine Menge zu tun.
Mein Fell ist einfach nicht dick genug für so einen Schei.ß!

ich will für mich was ändern, ich will ja nicht das System ändern, das dürfte wohl ein aussichtsloser Kampf sein!

Ich habe jetzt am Freitag an meinen Personalservice (zuständige Personalabteilung im Bezirksamt) zum ersten Mal die Zustände hier geschildert und um Versetzung gebeten.
Ich schilderte in der E-Mail und in dem anschließenden Telefonat all das, was ich auch hier schon erwähnte.
Nunja...offenkundig war man etwas geschockt, besonders in der Leitung des Personalservice, weil sich jemand traute, solche Defizite in der Aufgabenverteilung usw. überhaupt anzusprechen.
Mir wurde versprochen, das Thema werde priorisiert behandelt und ich erhalte noch im Juli Nachricht über eine mögliche Versetzung.
Ich kann mir nun leider erst mal davon auch nichts kaufen, ich werde mich weiter bewerben auf die wenigen Stellen, die es gibt.
Ich suche auch noch nach ,,sinnvollen" Wegen, andere Perpektiven zu schaffen.

Leider kann ich z.B. keine Nebentätigkeit ausüben, weil ich ja zwei Kinder habe, die auch in die Kita gehen, Dadurch, dass wir beide je eine Stunde Fahrzeit mit dem Zug haben nach Hamburg und Vollzeit arbeiten, arbeiten wir versetzt, d.h. einer bringt die Kids um 8 und der Andere holt sie dann um 16.30 Uhr. Derjenige, der die Kids bringt, ist dann aber um 9 erst in der Diensstelle und wenn man nun die 8,5 h Arbeitszeit plus die Fahrtzeit abends noch dazu rechnet, kann sich jeder leicht ausrechnen, wann man dann zu Hause ist. Da ist ein Nebenjob nicht zu schaffen. Dafür ahben wir unser Leben zu sehr auf das Schei.ß Haus und den Beamten-Kram ausgerichtet....WÜRG!!!
Klingt fies...ist es auch!
Hobbys haben wir genug, aber schon dafür muss man die Zeit suchen. Leider haben wir keinerlei Verwandte oder Bekannte, die einen bei solchen sachen unterstützen könnten.
Es ist natürlich so generell die Frage, ob ich dann mit meiner Frau zusammen unser Leben richtig gewichtet habe. Aber nun ist das so und ich kann es ohne tiefgreifende Maßnahmen nicht mehr ändern!

In den Personalrat möchte ich eigentlich nicht, aber ich habe mich damit auch noch nie richtig auseinander gesetzt, ich werde den Tipp mal beherzigen und mich in die Materie einlesen.

Ich werde mal weiter berichten, wie es so weiter geht!
Aufstiegsstudium 2019...von (ehemals) mD zum gD...wird hart, aber ich freu mich :D !
Gesperrt