neuestes von der Medikamentenfront

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egyptwoman
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neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

Weiß nicht ob man diesen link aus rechtlichen Gründen hier reinsetzen kann, finde es aber wichtig, grad in anbetracht der Tatsache das viele Ruhestandsbeamte aus psychischen Gründen in den Vorruhestand versetzt worden/sich haben versetzen lassen:

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 78229.html

auch wenn es hier um wirklich schwer psychisch Kranke geht, sind doch mit dieser Regelung IMHO den Ärzten und Richtern Tür und Tor geöffnet und somit könnte es jeden treffen.

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Bundesfreiwild
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Bundesfreiwild »

Meine Güte - ich bin von der schieren Zahl - 1,2 Mio Menschen in psycho-stationärer Behandlung - schwerst erschüttert.

Da frage ich mich wirklich, was denn heutzutage so massenhaft zu stationär-behandlungsbedürftigen Diagnosen führt. Das ist ja mehr als jeder 80. Einwohner Deutschlands.

Achja... und ich suche seit einigen Tagen im Internet einen psychotherapeutischen Diagnosekatalog mit den Erklärungen zu den diagnostischen Formulierungen. Kann da jemand weiterhelfen?
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

dibedupp hat geschrieben:Es könnte jeden treffen, der in einer geschlossenen Anstalt ist, sonst niemanden.
Ja und wie schnell man dort landen kann, da gibt es unzählige Fälle, da muss nur ein entsprechender Gutachter ein Gutachten erstellen (geht auch als Ferngutachten ohne das derjenige mit dem Patienen je gesprochen hat - siehe Fall Gustl Mollath - wer nicht weiß wer das ist, einfach mal googlen) und schon bist du in so ner Anstalt und kannst bei Weigerung zwangsmedikamentiert werden, es ist doch alles möglich und genau das macht mir Angst.

Und ja @Bundesfreiwild, ich war von den Zahlen auch erschüttert, aber meiner Meinung nach wird auch zu schnell eingewiesen andererseits muss man auf nen Termin bei nem ambulanten Therapeuten selbst mit PKV - sodenn die dann zahlt - mit Wartezeiten von bis zu einem halben Jahr und länger rechnen und wenn jemand akut schnell Hilfe braucht und sich dass dann solange hinzieht und sich die Lage desjenigen massiv verschlimmert kommen diejenigen eben schneller in eine geschlossene.

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Bundesfreiwild
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Bundesfreiwild »

Ja.. der Gustl.... der behauptete, dass es bei der Landesbank nicht mit rechten Dingen zuging und wurde - wie in einem diktatorischen Staat - in die Psychiatrie zwangseliminiert.
Ist der eigentlich entlassen worden, nachdem sich seine Behauptungen als wahr herausgestellt haben?
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

... ne der sitzt immer noch, aber sein Fall soll neu aufgerollt werden, wie praktisch das da gerade jetzt das neue Gesetz kommt mit der zwangstherapierung, weil der ja bisher jede Behandlung abglehnt hat, nu könnten sie ihn nach dem neuen Gesetz ja ruhig stellen. Ich glaube da haben irgendwelche VIP´ massive Angst das der entlassen werden könnte und dann so einige Namen nennen könnte in der Öffentlichkeit.

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Mikesch
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Mikesch »

Einerseits ist solch ein Gesetz richtig, andererseits ist wieder mal dem Schindluder Tüt und Tor geöffnet...
Das vertrauen in unsere "Recht"-Sprechung habe ich längst verloren. Gustl ist nur ein Fall...
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

Mikesch hat geschrieben:Das vertrauen in unsere "Recht"-Sprechung habe ich längst verloren.
Nicht nur du. Wie schon geschrieben, generell ist das sicher nicht schlecht, nur leider wie so häufig bei neuen Gesetzen sehr schwammig formuliert. Eingewiesen werden kann man offenbar heutzutage recht schnell, denn einen Gutachter zu finden der entsprechend ein Gutachten erstellt was einem zb. Selbstgefährdung bescheinigt ist wohl offenbar, wenn man die ganzen Fälle so sieht nicht allzu schwer und damit dann einen Richter zu überzeugen das man zwangseingewiesen werden muss, ist dann auch nicht schwer, weil Richter eben keine Ärzte sind und sich auf die Gutachten verlassen und einmal in einer geschlossenen drin, ist es sehr schwer da wieder rauszukommen, sofern man nicht jemanden hat der von außen Hilfe leistet zb. einen Betreuer oder evtl auch Anwalt der sich da einbringt.
Wie man lesen kann, 1,2 Mio Patienenten im Jahr in einer Psychiatrischen oder Psychotherapeutischen Einrichtung, was fast jeden zehnten Bundesbürger ausmacht ist wirklich erschreckend und wieviele davon unnötig drin sind, mag ich mir gar nicht ausmalen.
Diejenigen die sich bei diesem Gesetz mit Sicherheit die Hände reiben dürften ist die pharmaindustrie.
Ich vermute mal das soviele in einem BKH untergebracht sind, weil es da nicht solange dauert bis man einen Platz bekommt als bei einer ambulanten Therapie und wer schnell Hilfe braucht und kein halbes Jahr warten will oder kann der geht eben dann in so eine Einrichtung um sich möglichst schnell helfen zu lassen. Dieses System hinkt massiv. Aber daran ist auch unsere Hochleistungsgesellschaft mit Schuld, immer mehr Arbeit die immer weniger Leute verrichten müssen in der gleichen Zeit, immer mehr Druck von oben, dann noch der Neid der Kollegen untereinander, das trägt alles dazu bei das man irgendwann einfach nicht mehr kann und zusammenbricht und das hat nichts damit zu tun das der Mensch heutzutage weniger belastbar ist, nur die Grenze ist eben irgendwann erreicht.

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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

wirtschaft_frei hat geschrieben:Was definiert eine stationäre Behandlung? Auch wenn er nur dorthin fährt um therapiert zu werden und "Heimschläfer" ist?
Es geht einzig um die die stationär aufgenommen werden. Sicher werden da auch diejenigen reingerechnet die mehrmals einen Aufenthalt pro Jahr dort haben, es geht aber eben um die Summe derer die eingewiesen werden ob jetzt ein- oder mehrmals.
wirtschaft_frei hat geschrieben:Die Bevölkerung der Bundesrepublik scheint in den letzten Wochen massiv geschrumpft sein... :shock:
Deutschland hat ungefähr 82 Mio Einwohner also wären das bei 1,2 Mio eben ungefähr jeder zehnte.

Das ganze hat nichts mit Panikmache zu tun, sondern einfach damit das mit diesem Gesetz (wie mit so einigen anderen) eben auch missbrauch betrieben werden kann. Selbst ohne das Gesetz wurden ja schon Personen zwangseingewiesen, teilweise eben auch ohne das es notwendig gewesen wäre.
Ich möchte nicht in die Lage kommen, weil irgendjemand was behauptet was nicht den Tatsachen entspricht zwangseingewiesen zu werden und dann wenn ich Medikamente ablehne die gegen meinen Willen verabreicht zu bekommen und das dies mit Sicherheit so kommen wird, davon ist mal auszugehen. Aber das sind dann ja wieder Einzelfälle wie das immer so schön genannt wird.

egyptwoman
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Bundesfreiwild
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Bundesfreiwild »

Egal wie, ich möchte nicht zu den "paar" gehören, die da nicht freiwillig in Behandlung sind.
Die, die da alles so flockig locker sehen, haben wohl keine Ahnung, wie schnell vor allem "politische" Dinge zu psycho-Konstrukten führen können.
So mancher Erb-Hoffer hat schon mal seine noch geistig völlig fitte Oma entmündigen lassen, um frühzeitig an die Kohle zu kommen. Ich kenne da grad so was aus der Umfeldgerüchteküche.

Und aus einer Anstalt wieder rauszukommen, ist nicht so einfach, WEIL man eben nicht mehr Herr seiner Entscheidungen und manchmal nicht mal seines bedröhnten und sedierten Geistes ist.
Meinen Erfahrungen nach ist gerade die Psychowelt ein Feld, in dem man wirklich aus jedem Pups und jeder Charaktereigenschaft eine behandlungsbedürftige Krankheit konstruieren kann.
Mein Misstrauen ist da sehr gross.
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Blue Ice Ultra »

Bundesfreiwild hat geschrieben: Da frage ich mich wirklich, was denn heutzutage so massenhaft zu stationär-behandlungsbedürftigen Diagnosen führt. Das ist ja mehr als jeder 80. Einwohner Deutschlands.

Achja... und ich suche seit einigen Tagen im Internet einen psychotherapeutischen Diagnosekatalog mit den Erklärungen zu den diagnostischen Formulierungen. Kann da jemand weiterhelfen?
zu 1.) Das Problem dürfte schon darin liegen das sich viele Menschen Berufe aussuchen für die sie im Grunde ungeeignet sind. In meiner Zeit in der Beihilfe war es z.B. extrem auffällig das gerade Lehrer (egal ob Grundschule oder weiterführend) sehr häufig in psychiatrischer Behandlung oder Psychotherapie waren. Grob geschätzt waren dies etwa 60 bis 70 %. Andere Tätigkeitsbereiche machen vor der Einstellung psychologische Tests und filtern die Unfiten raus, so dass entsprechende Behandlungen z.B. im Bereich der Verwaltungskräfte oder auch im Bereich Feuerwehr extrem selten waren. Das Problem ist aber auch der psychiatrische Diagnosen-Katalog (http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 79250.html und http://www.spiegel.de/gesundheit/psycho ... 76286.html) der zu einem mehr an psychiatrischen Diagnosen führt. Und letztlich muss man auch feststellen, das sehe ich in meinem momentanen Tätigkeitsbereich, das die Gerichte Straftäter häufiger in die Psychiatrie bzw. Maßregelvollzug schicken als noch vor einigen Jahren.

zu 2.) Probiere es mal hier : http://www.dimdi.de/static/de/klassi/ic ... /index.htm
egyptwoman
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von egyptwoman »

Blue Ice Ultra hat geschrieben: Das Problem dürfte schon darin liegen das sich viele Menschen Berufe aussuchen für die sie im Grunde ungeeignet sind.
Das denke ich eher nicht. Es ist einfach so das im Laufe der Jahre die Ansprüche immer höher geworden sind. Die Arbeitsbelastung und auch die Arbeitszeit wurde auch immer höher. Dazu kommt das es in manchen Bereichen massive Personalengpässe gibt und dadurch bedingt sehr viel mehr Überstunden die man nur schwer - eben wegen des Personalmangels - wieder abbauen kann.
Wenn ich mir den Bereich Justizvollzug anschaue hat sich auch das Klientel da sehr verändert. Viele der Inhaftierten sind psychisch so belastet das sie eigentlich in eine Psychiatrie gehören, jedoch die Richter das teilweise anders sehen.
Wir hatten einen externen Psychiater der klar gesagt hat das wir soviele psychisch extrem auffällige Insassen hätten das er ne eigene Abteilung in der Anstalt aufmachen könnte und damit muss ein Beamter der dort seinen Dienst leistet umgehen können. Desweiteren kommt eben auch das massive Mobbing/Bossing dazu -- gibt ja genug Beispiele hier im forum wo sich darüber ausgelassen wurde wie es manchmal zugeht -- und da muss man sich dann nicht wundern wenn grad in dem Bereich oder auch bei der Polizei immer mehr Beamte psychisch so stark belastet werden, das sie selbst nach Dienstende und teilweise sogar in der Urlaubszeit nicht wirklich abschalten können.
Genau dasselbe Problem sehe ich auch bei Lehrern, je nach Schule und je nachdem aus welchen Schichten die Schüler dort kommen, kann es zu massiven psychischen Belastungen kommen denen man entweder damit begegnet das man nur mehr oder weniger seine Zeit absitzt oder eben sich einen anderen Wirkungskreis sucht.
Kein Mensch ist dauerhaftem Druck und Stress auf lange Zeit gewachsen, der eine vielleicht mehr der andere weniger. Entweder man nimmt dann ne LMAA Haltung ein, ala mir alles egal und macht nur was notwendig ist oder man arbeitet sich halt auf ohne einen Dank für geleistete Mehrarbeit zu erhalten oder mal eine Anerkennung, das man zb. öfter für erkrankte Kollegen einspringt, teilweise auch mal 3 Wochen am Stück Dienst macht oder Doppelschichten schiebt.

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Bundesfreiwild
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Re: neuestes von der Medikamentenfront

Beitrag von Bundesfreiwild »

Tja, man könnte auch philosophieren, dass der Mensch grundsätzlich für ALLE diese modernen und naturfernen Berufe nicht geeignet ist.

Wenn ich so überlege, dass bis vor 100 Jahren fast jeder Mensch ein GANZ BEGRENZTES Berufsfeld hatte, in dem er 3 Jahre lernte und das sein Leben lang dann machte, da war der Stress eher begrenzt. Es gab keine Elektronik, die einen zur Verzweiflung brachte. Und meist nur einen Meister, der mal ein guter, mal ein schlechter war, aber eben im Endeffekt auch nur den gleichen Beruf kannte und machte.

Der Seiler drehte Seile und musste über nix anderes am Rande wissen. Der Bauer baute seine Rüben an, der Metzger killte die Schweine und der Bäcker buk Brot.
Der Müller mahlte es.
Ein Schuh wurde nicht in einem Prozess hergestellt. Der Gerber machte das Leder, der Schmied oder Gießer die Nägel, ein Leimkocher den Kleber ein anderer die Schuhwichse.
Jeder musste nur sein Handwerk beherrschen, dessen Inhalte sich mal mindestens 2000 Jahre lang nicht wesentlich geändert hatten.
Man arbeitete vor Ort, kam nicht mit allzuviel Informationen in Berührung, die einen verwirren oder überfordern konnten.
Kirche und Staat bestimmten, wo es lang ging. Und wer dem schön brav folgte, kam einigermassen über die Runden. Ob grad so oder ob er dabei reich wurde... Glück.

Heute heisst es alle paar Jahre eine Umstellung auf neue Inhalte, auf neue Geräte, auf neue Software, Kündigungen, Neuanfang, alle paar Jahre wieder. Irgendwann sind die Kapazitäten erschöpft. Dazu kommt das "Wachstum", die Gewinnmaximierung, die Optimierung von Prozessen, alles schnellschnell, alles besser heute als morgen.
Druck, Druck, Druck. Denn es geht nicht mehr darum, ein längerfristiges Ziel zu erreichen, sondern darum, jedes Jahr höher, weiter und vor allem zu einer Dividendenauszahlung zu kommen. Da gibts keine längerfristigen Ziele wie bei den Familienunternehmen, keine nachhaltige Strategie, da gehts nur darum, jede REssourde, auch die Personalressource optimal auszuquetschen.

Wenn man sich dann noch dazu denkt, dass der Mensch bis vor 70 Jahren eine Lebenserwartung von im Schnitt 40 Jahren hatte - und bis zu welchem Alter man heute die volle Arbeitskraft und Flexibilät verlangt, dann gehen einfach Wunsch und Wirklichkeit zur Leistungsfähigkeit des Menschen auseinander.

Und wenn man dann noch draufsetzt, dass unsere Medienwelt die Menschen über Handy, I-phone, Tablett-PCs, TV, etc. eine permanente Zwangs-"Geräusch"kulisse drauf setzt, der leider allzu viele auch folgen, da zeigt sich dann, dass unser Gehirn halt immer noch "nur" das eines Homo sapiens sapiens ist und nicht das des "Homo electronicus industrialis".

Zuviel Input macht krank, zu wenig auch.
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